OPC UA erleichtert Messtechnikern das Leben – METAV 2020 veranschaulicht Einbindung der Längenmesstechnik in die digitalisierte Metallbearbeitung

Der herstellerunabhängige Kommunikationsstandard OPC UA (Open Platform Communications Unified Architecture) verzeichnet zurzeit einen rasanten Zuwachs, weil die offene Plattform unter anderem die Integration neuer Maschinen und Geräte innerhalb der Produktion entscheidend erleichtert. Für die Längenmesstechnik erarbeitet der VDMA dazu aktuell entsprechende domänenspezifische Informationsmodelle („Companion Specifications“). Auf der METAV 2020 vom 10. bis zum 13. März erhalten Fachbesucher Informationen renommierter Messtechnikhersteller aus erster Hand.

Der Kommunikations- und Schnittstellenstandard OPC UA ist ein vielversprechender Ansatz, um den Integrationsaufwand von Messtechniklösungen innerhalb der Fertigung deutlich zu verringern. Foto: Carl Zeiss Industrielle Messtechnik
Der Kommunikations- und Schnittstellenstandard OPC UA ist ein vielversprechender Ansatz, um den Integrationsaufwand von Messtechniklösungen innerhalb der Fertigung deutlich zu verringern.
Foto: Carl Zeiss Industrielle Messtechnik

Die Längenmesstechnik war lange Jahre in separaten klimatisierten Messräumen vorzufinden und recht selten standardisiert mit anderen Maschinen und Software-Produkten der Fabrik vernetzt. Mit Industrie 4.0 ändert sich das. Durch frühzeitiges Messen im Prozess (Inline-Messung) mit Portalmessgeräten und dank der Kommunikation von Messergebnissen oder Korrekturwerten an Werkzeugmaschinen können die Abläufe innerhalb der Fabrik einschließlich Qualitätssicherung optimiert und die Produktivität der Kunden signifikant gesteigert werden. „Derartige Closed-Loop-Vernetzungen lösen wir heute in aller Regel neben Filetransfer über proprietäre Schnittstellen und vielzählige klassische Protokolle der Feld- und Steuerungsebene“, erklärt Tobias Ischen, Product Manager Automation IT bei Carl Zeiss Industrial Quality Solutions. Diese Lösungen enthalten oft nur Informationen über das „Wie“, d.h. über die Technologie, mit der die Datenübertragung zu erfolgen hat. Unklar bleibt jedoch das „Was“, also was die Daten bedeuten: Variablen mit semantischer Beschreibung. Meist ist es auch sehr kostenintensiv, dieses wertvolle Wissen zu erhalten (technisch, dokumentarisch?). „OPC UA wird hinsichtlich der Reduktion des Integrationsaufwandes bei der Vernetzung durch Companion Specifications zumindest für neue Fertigungsstätten der vielversprechendste Lösungsansatz sein. Damit können wir uns künftig stärker auf die Umsetzung von automatisierten Messprozessen und Mehrwert stiftenden messtechnischen Anwendungen fokussieren, weil die Sisyphusarbeit der Schnittstellenprogrammierung einschließlich Pflege größtenteils entfällt.“

METAV-Aussteller Carl Zeiss Industrielle Messtechnik aus Oberkochen versteht sich insbesondere auch als Software- und Lösungsanbieter. OPC UA wird die Vernetzung mit Fremdsoftware und Plattformen (Manufacturing Execution System, MES, oder Cloud) und mit Produkten des Shopfloors wie speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) und Peripheriegeräten, etwa RFID-Systeme, vereinfachen. „Darüber hinaus erleichtert es uns als MESAnbieter, beispielsweise Daten aus dem Maschinenpark des Kunden zur OEEBerechnung einzusammeln“, so Ischen. Damit werden die Produktionsabläufe transparenter und eröffnen dem Kunden zahlreiche Chancen, den Fertigungsprozess hinsichtlich Produktivität, Qualität und Rentabilität zu verbessern. Zudem erhält mit OPC UA die IT-Security Einzug im Shopfloor.

Mit Standards den Aufwand verringern

Der offene Schnittstellenstandard OPC UA stellt im Kontext von Industrie 4.0 eine Schlüsseltechnologie für den herstellerunabhängigen Austausch von Daten dar. Durch die Spezifikation der technischen Datenübertragung und die Beschreibung der Datensemantik in „Informationsmodellen“ fördert es die Interoperabilität und bildet folglich die Grundlage für die technische Kommunikation gemäß Industrie 4.0-Referenzarchitekturen und Umsetzungsempfehlungen. „Auf Basis der OPC UA-Spezifikation entstehen derzeit eine Vielzahl an domänenspezifischen Informationsmodellen, so genannten OPC UA Companion Specifications“, so Dr. Armin Lechler, stellvertretender Institutsleiter des ISW an der Universität Stuttgart. „Diese beschreiben die benötigten Informationen innerhalb einer Domäne, beispielsweise der Längenmesstechnik.“ Das bringt Vorteile sowohl für die Anbieter als auch die Anwender. „Wie bei vielen Themen steht bei der Vereinheitlichung von Kommunikationsschnittstellen die Reduzierung von Kosten im Vordergrund. Auch in der Längenmesstechnik wird wegen proprietärer Lösungen viel Engineerings- und Anpassungsaufwand geleistet“, weiß Lechler. Eine vereinheitlichte Schnittstelle erlaubt eine schnellere Realisierung kundenindividueller Projekte. Die Anbindung an andere Maschinen oder übergeordnete Steuerungs- und Planungssysteme würde sich deutlich vereinfachen. „Hinzu kommt, dass eine Schnittstelle kein Alleinstellungsmerkmal darstellt. Die Daten liegen heute bei allen Herstellern schon in der ein oder anderen Form vor – nur eben nicht einheitlich“, bringt Lechler die aktuelle Lage auf den Punkt. „Aufgrund der zahlreichen Aktivitäten zu Companion-Standards und der zunehmenden Verbreitung von OPC UA im Allgemeinen sehe ich die Entwicklungen für die Zukunft positiv. Viele Projekte scheitern aktuell noch an der industriellen Umsetzung, da proprietäre Schnittstellen oft nicht wirtschaftlich nutzbar sind.“

Mit OPC UA zu weniger Ausschuss

„OPC UA bietet die Möglichkeit, unser Wissen aus dem Messablauf mit anderen Prozessbeteiligten zu teilen. Das verkürzt im Closed Loop Reaktionszeiten bei Abweichungen und spart unseren Kunden viel Zeit und Geld“, erklärt Prof. Heiko Wenzel, CDO der Wenzel Group, Wiesthal. „Unsere Koordinatenmessmaschinen kommen neben ihrer Anwendung im Messraum zunehmend fertigungsnah zum Einsatz. Dabei prüfen wir nicht nur die Teile selbst, sondern erhalten klare Einblicke in Fertigungsbedingungen, wie Vibration, Temperatur etc., die unsere Messergebnisse beeinflussen. Das Sammeln dieser Daten und die Analyse erfolgt bisher proprietär und kann daher erst einmal nur im eigenen Umfeld ausgewertet werden. Hier bietet OPC UA hervorragende Chancen, das Wissen mit und von anderen Maschinen zu teilen, um damit deutlich schnellere präzisere Rückmeldungen zu geben.“ Kunden profitieren davon, dass die Analyseergebnisse – für weniger Fehlteile – direkt in eine übergreifende Überwachung und Steuerung der Produktion einfließen können.

Zum 40-jährigen Jubiläum der METAV ist auch Wenzel wieder als Aussteller mit von der Partie. In der Quality Area werden neueste Entwicklungen bei der Koordinatenmesstechnik und Computertomographie sowie beim optischen High Speed Scanning gezeigt. Schwerpunkt ist die Integration in flexible Fertigungsprozesse und die Sicherstellung der Produktionsqualität durch zeitnahe Prozessüberwachung. „Geschwindigkeit bei der Standardisierung ist aktuell wichtiger als Perfektion, sonst werden die Standards in anderen Branchen und Regionen gemacht, und wir müssen denen folgen“, so Wenzel. „Wir sehen schon, dass sich hier beispielsweise IT-Unternehmen oder Automatisierer – mit anderen Schwerpunkten und Erwartungen – positionieren wollen. Daher ist es wichtig, dass wir nicht so sehr auf Einzelinteressen achten, sondern rasch gemeinsame, wenn auch kleine Nenner finden.“
Erstellt von: daxTR.de
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Kategorien: 2019, Dezember