Cobots – Mensch und Roboter gemeinsam zum Erfolg

EMO Hannover 2019 zeigt Robotik- und Automationslösungen für Fertigungsbetriebe

Das Ziel der baden-württembergischen Automationsspezialisten ist es, Roboterherstel-lern und Integratoren unabhängig geprüfte Co-act-Greifer zur Verfügung zu stellen, mit denen sich kollaborative Szenarien schnell realisieren und zertifizieren lassen.
Das Ziel der baden-würt­tem­ber­gis­chen Automa­tion­sspezial­is­ten ist es, Robot­er­her­s­tel-lern und Inte­gra­toren unab­hängig geprüfte Co-act-Greifer zur Ver­fü­gung zu stellen, mit denen sich kol­lab­o­ra­tive Szenar­ien schnell real­isieren und zer­ti­fizieren lassen.

Frank­furt am Main, 12. Juni 2019. – Um als Unternehmen inter­na­tion­al erfol­gre­ich zu bleiben, gehören Robotik und Automa­tion zu den Schlüs­sel­tech­nolo­gien. Cobots inter­agieren dabei direkt mit dem Men­schen und unter­stützen Fer­ti­gungs­be­triebe, sich im Markt pro­duk­tiv zu behaupten. Auf der EMO Han­nover 2019 find­en Fachbe­such­er zahllose Automa­tisierungslö­sun­gen und kol­lab­o­ra­tive Robot­er zur Steigerung ihrer Produktivität.

Mith­il­fe von Automa­tion und Dig­i­tal­isierung lassen sich Fer­ti­gung­sprozesse effizien­ter gestal­ten. Von beson­derem Inter­esse sind in diesem Umfeld Cobots – die kol­lab­o­ra­tiv­en Indus­trier­o­bot­er arbeit­en gemein­sam mit den Men­schen ohne spezielle Schutzein­rich­tun­gen wie Zäune oder abge­gren­zte Bere­iche. In welchen Prozessen kom­men Cobots bere­its zum Ein­satz? Wie lassen sich Kol­li­sio­nen und damit mögliche Ver­let­zungs­ge­fahren ver­mei­den? Robotikher­steller, Anbi­eter ver­schieden­ster Periph­eriekom­po­nen­ten für Automa­tion­slö­sun­gen sowie Sicher­heits- und wis­senschaftliche Experten geben einen aktuellen Ein­blick und Prog­nosen für kün­ftige Entwicklungen.

Mitarbeiter ergonomisch entlasten

Für eine intel­li­gente Pro­duk­tion ist der Men­sch uner­lässlich“, so Jochen Vet­ter, Man­ag­er Robot Safe­ty bei der Pilz GmbH & Co. KG aus Ost­fildern. „Robot­er übernehmen z.B. kör­per­lich anstren­gende oder monot­o­ne Tätigkeit­en, während der Men­sch höher­w­er­tige Auf­gaben aus­führt. Damit kann die Automa­tisierung auch Antworten auf Fra­gen geben, die der demografis­che Wan­del aufwirft.“ Für die Vali­dierung sind bei der Men­sch-Robot­er-Kol­lab­o­ra­tion (MRK) unter­schiedliche Meth­o­d­en anzuwen­den. Beispiel­sweise muss zwin­gend durch ein Messver­fahren ermit­telt wer­den, ob mögliche Kol­li­sio­nen sicher­heit­stech­nisch unbe­den­klich sind. Hier­für hat Pilz eine eigene Methodik erar­beit­et. Ein Sys­tem misst u.a. die auf den men­schlichen Kör­p­er ein­wirk­enden Kräfte und ver­gle­icht sie mit den Gren­zw­erten gemäß der Norm für kol­lab­o­ra­tive Robot­er ISO/TS 15066.

Die Her­aus­forderung beste­ht darin, dass sich die Gren­zen zwis­chen den Arbeits­bere­ichen von Men­sch und Mas­chine auflösen. Zusät­zlich zu den vom Robot­er aus­ge­hen­den Gefahren müssen die Bewe­gun­gen des Men­schen Berück­sich­ti­gung find­en“, weiß der Robotik-Sicher­heit­sex­perte. „Diese sind nicht immer kalkulier­bar in Hin­sicht auf Geschwindigkeit, Reflexe oder plöt­zlichen Zutritt zusät­zlich­er Per­so­n­en. Kol­li­sio­nen dür­fen jedoch zu keinen Ver­let­zun­gen führen.“ Voraus­set­zun­gen dafür seien zuver­läs­sigere Steuerun­gen und intel­li­gente, dynamis­che Sen­soren am Robot­er. Zudem gelte es, durch nor­ma­tive Grund­la­gen ver­lässliche Sicher­heits­stan­dards zu setzen.

Die Inter­ak­tion wird sich in Rich­tung ‚natür­lich‘ entwick­eln, etwa bei der Sprache und Gestik“, ist Vet­ter überzeugt. „So wird die MRK für ein anderes Agieren auf eine neue Qual­ität­sebene gebracht. Darüber hin­aus wer­den MRK-Lösun­gen in Zukun­ft an die Fab­rik­s­teuerung via OPC UA oder die Indus­trie 4.0‑RAMI-Standards ange­bun­den sein. Sin­nvolle Ein­satzge­bi­ete sind eher nicht in der Großse­rien­pro­duk­tion, son­dern bei mit­tleren und kleinen Serien ange­siedelt. MRK macht dann Sinn, wenn die Mitar­beit­er ergonomisch ent­lastet wer­den, etwa bei Wartungsarbeiten.“

Werkstücke bis 8 kg greifen dank Sicherheitsintelligenz

Auf­grund der bio­mech­anis­chen Lim­its – vorgegeben durch die ISO/TS 15066 – konzen­tri­erte sich der Ein­satz von Cobots bis­lang auf das Han­dling von Klein­teilen, etwa in Mon­tagean­wen­dun­gen der Elek­tron­ikin­dus­trie oder beim Pick & Place von Gehäusen, Dreh- und Frästeilen etc.“, weiß Prof. Markus Glück, Geschäfts­führer Forschung & Entwick­lung, Chief Inno­va­tion Offi­cer bei der Schunk GmbH & Co. KG, Lauffen/Neckar. „Mit unserem Großhub­greifer EGL‑C erschließen wir nun aber eine neue Bauteildimen­sion: Erst­mals ist es möglich, form­schlüs­sig gegrif­f­ene Werk­stücke bis 8 kg sich­er zu hand­haben. Damit ergeben sich große Poten­ziale, auch bei Werkzeug­maschi­nen oder in der Mon­tage.“ Dank inte­gri­ert­er und zum Patent angemelde­ter Sicher­heitsin­tel­li­genz ist es beim Co-act (col­lab­o­ra­tive actu­a­tor) EGL‑C gelun­gen, in kol­lab­o­ra­tiv­en Anwen­dun­gen Greifkräfte bis 450 N zu real­isieren. Das ist rund dreimal so viel wie bish­er und stellt eine Welt­neuheit dar – auch zu sehen auf der EMO Han­nover 2019. „Die MRK wird die Arbeitswelt radikal verän­dern“, prog­nos­tiziert Prof. Glück. „Im Mit­telpunkt ste­hen die Verbesserung der Ergonomie, flex­i­blere Arbeit­sprozesse, Effizien­zsteigerung sowie Prozes­sop­ti­mierung. Mith­il­fe intel­li­gen­ter Greif­sys­teme lassen sich kün­ftig auch höhere Bauteil­gewichte hand­haben. Zudem wer­den dank 24V-Tech­nolo­gie Ein­sätze auf mobilen Plat­tfor­men an Bedeu­tung gewin­nen. Ein großes Wach­s­tumspoten­zial besitzt darüber hin­aus die Mon­tage­as­sis­tenz durch Leichtbauroboter.“

Eine neue Ära bei der Beladung von Werkzeugmaschinen

Kol­lab­o­ra­tive und mobile Robot­er­sys­teme bieten neue Möglichkeit­en für die Automa­tion von Werkzeug­maschi­nen. Erst­mals kann sich die Automa­tion von ihrem star­ren Korsett lösen und dank inno­v­a­tiv­er Robotik­lö­sun­gen eine Flex­i­bil­ität und Pro­duk­tiv­ität in nie gekan­nter Dimen­sion erre­ichen“, berichtet Peter Pühringer, Divi­sion Man­ag­er bei Stäubli Robot­ics in Bayreuth. Um diese Flex­i­bil­ität auf die Spitze zu treiben, hat Stäubli die neue TX2-Sech­sachser-Gen­er­a­tion so uni­versell wie möglich aus­ge­führt. In der neuen Aus­führung eignen sich diese Robot­er für die direk­te Zusam­me­nar­beit mit dem Men­schen. Zudem sind sie als mobile und gle­ichzeit­ig kol­lab­o­ra­tive Robot­er­sys­teme erhältlich. „Damit läuten wir eine neue Ära in der Beschick­ung von Werkzeug­maschi­nen ein“, ist Pühringer überzeugt. Die Robot­er arbeit­en sowohl im Stand-alone-Betrieb als auch direkt mit Maschi­nenbe­di­enern zusam­men. Sie kön­nen in mobil­er Aus­führung auf ein­fach­ste Art unter­schiedliche Werkzeug­maschi­nen ver­ket­ten und den kom­plet­ten Work­flow in Indus­trie 4.0‑Umgebungen übernehmen. „Mit dieser unglaublichen Flex­i­bil­ität lassen sich völ­lig neue, dig­i­tal ver­net­zte Pro­duk­tion­sprozesse darstellen“, so Pühringer. „Diese wer­den zu ein­er sig­nifikan­ten Steigerung der Pro­duk­tiv­ität führen und die Wet­tbe­werb­s­fähigkeit inno­v­a­tiv­er Unternehmen auf eine neue Stufe stellen. Auf der EMO Han­nover stellen wir diese Lösun­gen einem bre­it­en Pub­likum vor.“

Sensoren vermeiden mögliche Kollisionen

Cobots kom­men derzeit häu­fig für ein­fache Hand­habung­sprozesse zum Ein­satz, u.a. für die Beladung von Maschi­nen. Dabei wer­den sie zwar oft schutz­za­un­los, aber den­noch mit zusät­zlichen Sicher­heit­sein­rich­tun­gen aus­ges­tat­tet und weniger in ein­er direk­ten Men­sch-Robot­er-Koop­er­a­tion einge­set­zt“, weiß Prof. Gun­ther Rein­hart, Inhab­er des Lehrstuhls für Betrieb­swis­senschaften und Mon­tagetech­nik am iwb (Insti­tut für Werkzeug­maschi­nen und Betrieb­swis­senschaften) der TU München. „Aktuelle Arbeit­en beschäfti­gen sich mit der Pla­nung­sun­ter­stützung für die MRK, der Sicher­heit, aber auch der Instruk­tion der Robot­er. Bezüglich der Sicher­heit gehen Inno­va­tio­nen dahinge­hend, dass mögliche Kol­li­sio­nen vor Berührung durch unter­schiedliche Sen­soren – wie kapaz­i­tive oder Ultra­schallsen­soren – oder aber kam­er­abasiert detek­tiert wer­den.“ Der Umgang mit den aktuellen Nor­men sei derzeit vie­len Fir­men unklar. „Dabei ist ins­beson­dere zu nen­nen, wie die Werte in der ISO/TS15066 behan­delt wer­den sollen“, so Rein­hart. „Sind die rechtlichen Fragestel­lun­gen der Arbeitssicher­heit gek­lärt, wer­den kol­lab­o­ra­tive Robot­er wohl über­wiegend in der Mon­tage zum Ein­satz kom­men“, wagt Rein­hart einen Blick in die Zukun­ft. „Weit­ere Anwen­dungs­fälle beziehen sich ins­beson­dere auf eine ergonomis­che Unter­stützung. Dazu muss es jedoch zunächst mehr Robot­er für eine MRK mit höher­er Tra­glast geben. Das Insti­tut für Werkzeug­maschi­nen und Betrieb­swis­senschaften ste­ht den Fachbe­such­ern der EMO Han­nover 2019 für nähere Erläuterun­gen sehr gerne zur Verfügung.“

Autor: Dag Hei­deck­er, dax­TR – Tech­nik + Redak­tion, Wer­mel­skirchen (nahe Köln)
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Kategorien: 2019, September