Echtzeit-Messdiener mit Fingerspitzengefühl

Die METAV 2022 zeigt vom 21. bis 24. Juni in Düs­sel­dorf Messtech­nik-Lösun­gen, die den Anwen­der bei der dig­i­tal­en Trans­for­ma­tion kräftig unter­stützen. Die Band­bre­ite reicht von der Soft­ware-App bis hin zum „Mess­di­ener“, der nach kurzem Antip­pen mit einem Fin­ger vol­lau­toma­tisch und fehler­frei arbeit­et. Welche smarten Konzepte ihre Unternehmen auf der METAV 2022 zeigen, bericht­en Dr. Heike Wen­zel, Geschäfts­führerin der Wen­zel Group GmbH & Co. KG, Wiesthal, und Her­mann Diebold, CEO der Hel­mut Diebold GmbH & Co. in Jungingen.

Die tur­bu­len­ten Zeit­en, die wir aktuell erleben, stellen fast alle Unternehmen vor große Her­aus­forderun­gen“, erk­lärt Dr. Heike Wen­zel. „Doch trotz der Auswirkun­gen der Covid-19-Pan­demie und des Krieges in der Ukraine, ste­hen – nach dem erfol­gre­ichen Abschluss des Geschäft­s­jahres 2021 – die Zeichen bei uns weit­er auf Wach­s­tum.“ Unab­hängig vom Krisen­modus sieht die Geschäfts­führerin der Wen­zel Group seit Anfang 2022 viele Nach­hol­pro­jek­te. Erfreut stellt sie fest, dass „nun viele Unternehmen in Zukun­ft­s­the­men wie E‑Mobilität oder Nach­haltigkeit“ investieren.


Hor­rende Preis­steigerun­gen“ und Beschaffungsprobleme

Für Her­mann Diebold ist die Beschaf­fung von Mate­r­i­al und Elek­tron­ik-Bauteilen das größte Prob­lem. Ver­stärk­end kom­men „hor­rende Preis­steigerun­gen“ hinzu, die „wir nur schw­er an die Kun­den weit­ergeben kön­nen“. Die Coro­na-Pan­demie hat das Unternehmen stark getrof­fen, weil Mitar­beit­er aus­fie­len, doch dieses Prob­lem ist mit­tler­weile über­standen. Der Ukraine-Krieg macht sich in der süd­deutschen Werkzeug­fab­rik nur bei den gestiege­nen Energiekosten bemerk­bar. Diebold: „Aktuell gehen wir wieder auf Messen und tre­f­fen viele Men­schen. Mal sehen, ob das The­ma Covid dadurch wieder aufflammt.“

Bei­de Geschäfts­führer zeigen auf der METAV 2022 Lösun­gen, die Anwen­der bei der Dig­i­tal­isierung der Fab­rik unter­stützen. „Ger­ade in Zeit­en der dig­i­tal­en Trans­for­ma­tion sehen wir die Messtech­nik nicht nur als wichtig und inter­es­sant an, son­dern im Zen­trum posi­tion­iert“, betont Geschäfts­führerin Wen­zel. Als rev­o­lu­tionäre Entwick­lung beze­ich­net sie das EDV-Tool WM|Generator, mit dem sich aus CAD-Mod­ellen mit den Pro­dukt- und Fer­ti­gungsin­for­ma­tio­nen automa­tisiert und damit wesentlich pro­duk­tiv­er Messpro­gramme erzeu­gen lassen.

Fehler passé dank einge­bauter Mess- und Regeltechnik

Das Automa­tisieren des Messprozess­es spielt auch für Diebold eine wichtige Rolle. So zeigt das Unternehmen in Düs­sel­dorf neue Geräte zum Warm­schrumpfen von Werkzeu­gen, deren Bedi­enung durch ein­fach­es Antip­pen des Touch­screens über die reine datenges­teuerte Indus­trie 4.0‑Lösung hin­aus­ge­ht. Diese so genan­nte One-Touch-Bedi­enung startet den Prozess, den dann die einge­baute Mess- und Regel­tech­nik übern­immt: Das Gerät erken­nt die Werkzeugkon­tur und regelt automa­tisch Energieein­trag und Einwirkzeit.

Mit einem Touch läuft der Prozess vol­lau­toma­tisch und Fehler sind abso­lut aus­geschlossen“, meint Diebold. „Dadurch ist für echte Nach­haltigkeit gesorgt, denn es wird nur die min­i­mal notwendi­ge elek­trische Energie ver­braucht. Außer­dem sind die Werkzeuge vor Beschädi­gun­gen geschützt, was bis­lang nicht der Fall war.“

Online-Mes­sung in Echtzeit und mit Wuchtmaschinen

Auf der Düs­sel­dor­fer Messe geht es auch um den immer noch anhal­tenden Trend zur Online-Mes­sung, die im Ide­al­fall sog­ar in Echtzeit abläuft. Für diese Auf­gaben­stel­lung ent­stand bei der bay­erischen Wen­zel Group bere­its vor vier Jahren eine echtzeit­fähige Soft­ware zur Analyse der Mes­sauf­gaben und der dabei einge­set­zten Maschi­nen. „Der WM|SYS-Analyzer bietet den vollen Umfang an Daten­trans­parenz für Mess­maschi­nen und Mes­sum­feld“, sagt Geschäfts­führerin Wen­zel. „Berechtigten Anwen­dern wer­den alle notwendi­gen Infor­ma­tio­nen in Echtzeit in ein­er ansprechen­den Ober­fläche zur Ver­fü­gung gestellt.“

Eine Nach­frage nach Online-Mes­sung beobachtet auch Diebold. Dazu bieten die Baden-Würt­tem­berg­er ihrer Kund­schaft einen Qual­itäts-Check der Diebold-Werkzeu­gauf­nah­men an. „Die Werkzeu­gauf­nah­men wer­den bei uns im Hause elek­tro­n­isch ver­messen und jedes Einzel­teil bekommt ein dig­i­tales Messpro­tokoll. Damit kann der Kunde erken­nen, welche HSK-Kegel in der Nor­mqual­ität sind und welche nicht oder nicht mehr.“

Die andere Lösung ist eine neue Maschi­nen­bau­rei­he zum Wucht­en von Werkzeu­gen und Schleif­scheiben. Diebold: „Unsere jahrzehn­te­lange Erfahrung aus der Werkzeugfer­ti­gung und dem Spin­del­bau haben es uns ermöglicht, dig­i­tal­isierte Wucht­maschi­nen zu entwick­eln, die deut­lich genauer messen als bish­er mark­tübliche Produkte.“

((Kas­ten))

Früh­jahrs-Messen sind Gradmess­er der Lage“
Inter­view: Markus Hesed­ing, Geschäfts­führer VDMA Mess- und Prüftech­nik, Frank­furt am Main


Herr Hesed­ing, was sind zurzeit die größten Her­aus­forderun­gen für die Unternehmen? Zählen Coro­na-Pan­demie oder der rus­sis­che Über­fall auf die Ukraine dazu?

Markus Hesed­ing: Unsere VDMA-Mit­gliederum­fra­gen zur aktuellen Lage zeigen, dass 97 Prozent der Maschi­nen­bauer zumin­d­est indi­rekt vom Rus­s­land-Ukraine-Krieg betrof­fen sind. Der aktuelle Kon­flikt ver­schärft somit die auf­grund von Prob­le­men in der Liefer­kette beste­hende Sit­u­a­tion. Ins­beson­dere bei Elek­tron­ikbauteilen gibt es Eng­pässe und das in Zeit­en zunehmender Dig­i­tal­isierung. Unternehmen der Län­gen­messtech­nik scheinen diese Prob­leme noch nicht zu ken­nen. 70 Prozent von ihnen beurteil­ten im April die Auf­tragslage bess­er als im Vor­jahr. Ins­ge­samt ist die Sit­u­a­tion für die Indus­trie her­aus­fordernd. Die Messen im Früh­jahr sind ein Gradmess­er für die Lage auf der Nachfrageseite.

Wie tra­gen messtech­nis­che Lösun­gen zum aktuellen Trend zur Dig­i­tal­isierung der Fab­rik bei und was gibt es dazu auf der METAV 2022 zu sehen?

Markus Hesed­ing: Die Unternehmen der Län­gen­messtech­nik haben eine OPC UA Com­pan­ion Spec­i­fi­ca­tion für geometrische Messsys­teme erar­beit­et, die als VDMA-Ein­heits­blatt 40210 zur Kom­men­tierung veröf­fentlicht ist. Damit wird die smarte Ein­bindung von Messsys­te­men in dig­i­tale Fer­ti­gung­sprozesse ermöglicht. Zu diesem The­ma sind Experten auf unserem METAV-Stand. Die prax­is­na­he Anwen­dung wird mit der Marke umati auf einem eige­nen Stand präsen­tiert. Mit der stan­dar­d­isierten OPC UA-Schnittstelle kann auf Live-Dat­en aus­gestell­ter Mess­maschi­nen direkt zuge­grif­f­en und diese über Dash­boards genutzt werden.

Beobacht­en Sie auch eine Nach­frage zur Online-Mes­sung, vielle­icht sog­ar in Echtzeit?

Markus Hesed­ing: Die Messtech­nik rückt immer stärk­er aus dem Mess­la­bor in die Fer­ti­gung. Das bed­ingt die Automa­tisierung des Messens, den Bedarf an stan­dar­d­isierten Schnittstellen, Stich­wort OPC UA, eine Rück­kop­plung der Messergeb­nisse an die Fer­ti­gungss­teuerung und im Ide­al­fall an die Fer­ti­gungs­mas­chine. Diese Closed-Loop-Lösun­gen wer­den zunehmen und sie sind bei unseren Mit­glieds­fir­men zu sehen.

Autor: Niko­laus Fecht, Fachjour­nal­ist aus Gelsenkirchen

((Umfang: rund 7000 Zeichen inkl. Leerz.))

Kategorien: 2022, Juni

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