Neues zur Fertigung von Präzisionswerkzeugen METAV 2020 zeigt: Messtechnik und neue Technologien haben eine Schlüsselfunktion in der Prozesskette der Werkzeugherstellung

Die Werkzeugfer­ti­gung stellt höch­ste Ansprüche an Präzi­sion und Qual­ität. Neben kon­ven­tionellen Ver­fahren zur Her­stel­lung kom­men zunehmend neue Tech­nolo­gien zum Ein­satz, wie etwa die laserun­ter­stützte Fer­ti­gung für die Fein­struk­turierung von Design- und Funk­tion­sober­flächen oder addi­tive Ver­fahren. Auf was es bei der Fer­ti­gung von Präzi­sion­swerkzeu­gen ankommt, zeigen Aussteller auf der METAV 2020 vom 10. bis 13. März in Düsseldorf. 

Durch den Einsatz additiver Verfahren hat Mapal die Temperaturbeständigkeit und Geometrie des Hydrodehnspannfutters deutlich optimiert.  Foto: Mapal
Durch den Ein­satz addi­tiv­er Ver­fahren hat Mapal die Tem­per­aturbeständigkeit und Geome­trie des Hydrodehnspan­n­fut­ters deut­lich opti­miert.
Foto: Mapal

Werkzeuge müssen die jew­eilige Bear­beitungsauf­gabe mit höch­ster Pro­duk­tiv­ität und in gefordert­er Qual­ität erfüllen. „Beson­dere Her­aus­forderun­gen für die Fer­ti­gung ergeben sich bei speziell anzufer­ti­gen­den Son­der­w­erkzeu­gen, wie spez­i­fisch angepasste Stufen- oder Fein­bohrw­erkzeuge. Bei diesen Werkzeu­gen ist häu­fig entschei­dend, wie schnell sie real­isiert wer­den kön­nen“, sagt Prof. Dirk Bier­mann, Leit­er des Insti­tuts für Spanende Fer­ti­gung (ISF) der Tech­nis­chen Uni­ver­sität Dort­mund. Ger­ade in diesem Bere­ich hät­ten führende Werkzeugher­steller in der jün­geren Ver­gan­gen­heit enorme Fortschritte erzielt, um den Forderun­gen nach immer kürz­eren Lieferzeit­en für Son­der­w­erkzeuge gerecht zu wer­den. Dabei biete unter anderem die addi­tive Fer­ti­gung viele Vorteile. „Darüber hin­aus sind gezielte Entwick­lun­gen von großer Bedeu­tung, zum Beispiel in Form ein­er geeigneten Schnei­d­kan­ten­prä­pa­ra­tion oder Schicht­nach­be­hand­lung. Ziel ist dabei, die Präzi­sion­swerkzeuge ger­ade für die Bear­beitung von anspruchsvollen Höch­stleis­tungswerk­stof­fen richtig auszule­gen“, nen­nt Bier­mann einen weit­eren Aspekt.

Thomas Feile, Ver­suchsin­ge­nieur bei der Mapal Dr. Kress KG sagt: „Natür­lich bedarf es bei der Fer­ti­gung von µm-genauen Werkzeu­gen eines mod­er­nen Maschi­nen­parks und hochqual­i­fiziert­er Mitar­beit­er, unter anderem beim Schleifen der Werkzeuge.“ Ein weit­er­er für den Präzi­sion­swerkzeugher­steller sehr wichtiger Punkt ist die Durchgängigkeit der Dat­en und damit der prozess­sichere Aus­tausch von Dateien und Infor­ma­tio­nen, beispiel­sweise aus der Kon­struk­tion, der Arbeitsvor­bere­itung und aus der Fertigung.

Messtech­nik hat Schlüs­sel­funk­tion für die Werkzeugherstellung

In der Mapal-Fer­ti­gung spielt die Messtech­nik vor allem bei der Prü­fung von funk­tion­srel­e­van­ten Merk­malen eine entschei­dende Rolle. „Wir prüfen unter anderem die Durchmess­er, die Schlif­fqual­itäten, die Schnei­d­kan­ten­ver­run­dung sowie die Mikro- und Makro­ge­ome­trien. Und nicht nur bei der Fer­ti­gung unser­er Werkzeuge ist die Messtech­nik ein entschei­den­der Fak­tor, auch für den Werkzeugein­satz beim Kun­den. Deshalb sind Mess- und Ein­stell­geräte Teil unseres Port­fo­lios. Damit die Kun­den Werkzeuge µm-genau ein­stellen kön­nen“, erläutert Ver­suchsin­ge­nieur Feile. „Werkzeuge benöti­gen heutzu­tage in der Regel eine spezielle Mikro­gestalt der Schnei­d­kan­ten, um beson­ders leis­tungs­fähig zu sein. Darum müssen ger­ade für die genaue Analyse und quan­ti­ta­tive Bes­tim­mung der unter­schiedlichen Aspek­te der Schnei­d­kan­ten­mikro­gestalt geeignete Messsys­teme und Auswertes­trate­gien einge­set­zt wer­den“, ergänzt Bier­mann, der auch Mit­glied der WGP (Wis­senschaftlichen Gesellschaft für Pro­duk­tion­stech­nik) ist.

Analyse der Prozess­kette zur Sicherung der Oberflächenqualität

Ein weit­er­er Aspekt, der bei der Werkzeugfer­ti­gung eine tra­gende Rolle spielt, ist die Ober­flächen­qual­ität. Je nach Anforderung an die Werkzeuge set­zt zum Beispiel Mapal ver­schiedene Ver­fahren, wie Schleifen, Honen und Gleitschleifen sowie Polieren bei der Fin­ish­bear­beitung ein. „Die Her­aus­forderung ist die Auswahl der richti­gen Para­me­ter, etwa bei den Schleif­scheiben, für das zu bear­bei­t­ende Mate­r­i­al. Die Span­nuten von Werkzeu­gen aus Voll­hart­met­all wer­den beispiel­sweise poliert. Das Unternehmen unter­schei­det sechs unter­schiedliche Genauigkeitsstufen bei Voll­hart­met­all­w­erkzeu­gen, die mit unter­schiedlichen Ver­fahren hergestellt wer­den – von geschlif­f­en über feinst geschlichtet bis hin zu feinst poliert“, beschreibt Feile die Herange­hensweise von Mapal.

In Bezug auf die Wirk­flächen an Präzi­sion­swerkzeu­gen ist das Polier­schleifen grund­sät­zlich geeignet. Ger­ade bei Bohrw­erkzeu­gen ist eine sehr gute Ober­fläche der Span­nuten wichtig, um ins­beson­dere bei der Fer­ti­gung von tiefen Bohrun­gen einen sicheren Späne­ab­trans­port auch bei hohen Schnitt­dat­en und anspruchsvollen Werk­stück­stof­fen zu gewährleis­ten“, erk­lärt Bier­mann. Das ISF hat in einem AiF-Forschung­spro­jekt (Arbeits­ge­mein­schaft indus­trieller Forschungsvere­ini­gun­gen „Otto von Guer­icke“ e.V.) gemein­sam mit namhaften Indus­trie­un­ternehmen Unter­suchun­gen durchge­führt, um den ziel­gerichteten Ein­satz hin­sichtlich Schleif­scheibenauswahl, Abrichtbe­din­gun­gen und Prozess­pa­ra­me­ter zu verbessern. Über seine Forschungsar­beit­en berichtet das Insti­tut auf der METAV.

Der Ver­trieb­sleit­er der Zecha Hart­met­all-Werkzeug­fab­rika­tion GmbH in Königs­bach-Stein, Arndt Fie­len, betont: „Best­mögliche Ober­flächen­qual­itäten erre­icht man durch die genaue und spez­i­fis­che Analyse der gesamten Prozess­kette in der eige­nen Fer­ti­gung und beim Kun­den, wenn es um das Bauteil auf sein­er Mas­chine geht.“ Daneben sei es wichtig, Details zu hin­ter­fra­gen und nöti­gen­falls beste­hende Prozesse zu verän­dern, um sie zu opti­mieren. Wenn beispiel­sweise bei der Bear­beitung von bleifreien Mate­ri­alien laufende Pro­duk­tion­sprozesse umgestellt wer­den, sind oft Son­der­w­erkzeuge gefragt, bei denen es auf Details ankommt, die über „geht oder geht nicht“ entschei­den. Passt etwa der Schnei­d­kan­ten­ra­dius zum Vorschub pro Zahn? Sind die Winkel am Werkzeug auf die Zähigkeit des Mate­ri­als abges­timmt, um die Ober­flächen und den Span­bruch zu opti­mieren oder muss für das Ver­mei­den von Schwingun­gen über eine neue Möglichkeit der Werkzeugspan­nung nachgedacht wer­den? „Wir gener­ieren mit dem Kun­den oft­mals mehrere Vari­anten der zu tes­ten­den Werkzeuge, um sich­er zu stellen, dass man das wirtschaftlich­ste Ergeb­nis erzielt“, berichtet Fielen.

Mit neuen Lösungsan­sätzen die Leis­tungs­fähigkeit erweitern

Ein weit­eres zen­trales The­ma in der Werkzeugfer­ti­gung sind inno­v­a­tive Tech­nolo­gien. „Wir möcht­en für unsere Kun­den das best­mögliche Pro­dukt fer­ti­gen. Deshalb set­zen wir auch auf neue Lösun­gen“, sagt Thomas Feile. „Ein Beispiel dafür ist die addi­tive Fer­ti­gung, mit der wir unter anderem unsere Hydrodehnspan­n­fut­ter hin­sichtlich Tem­per­aturbeständigkeit und Geome­trie erhe­blich opti­miert haben.“

Um das Werkzeug­man­age­ment durchgängig und trans­par­ent zu hand­haben, hat Mapal zudem mit c‑COM eine eigene Open-Cloud-Plat­tform entwick­elt. Darauf wer­den die notwendi­gen Dat­en für eine dig­i­tal­isierte Indus­trie bere­it­gestellt. Die Plat­tform ver­net­zt die Unternehmen ent­lang der Liefer­kette und reduziert laut Ver­suchsin­ge­nieur Feile den Aufwand und die Kosten für alle Beteiligten. Gle­ichzeit­ig ermögliche die Lösung auch mit Blick auf die Her­stel­lung von Präzi­sion­swerkzeu­gen eine unternehmensweite, vorauss­chauende Pla­nung und eine fir­menüber­greifende Kol­lab­o­ra­tion. Vor diesem Hin­ter­grund wird Mapal zur METAV auf dem VDMA-Span­ntech­nikfo­rum das The­ma „Kom­mu­nika­tion zwis­chen Mas­chine und Werkzeug – Dig­i­tal­isierung” detail­liert beleuchten.

Durch ständi­ges Opti­mieren und Investieren in die eige­nen Fer­ti­gungska­paz­itäten und Werkzeugtech­nolo­gien gener­ieren wir immer neue Möglichkeit­en, den Kun­den­nutzen zu steigern. Ein Beispiel dafür ist eine High-End-Werkzeuglin­ie, die mit ihrer laser­bear­beit­eten dia­mantbeschichteten Schnei­d­kante eine Möglichkeit bietet, auch bleifreie oder schw­er zerspan­bare NE-Mate­ri­alien wirtschaftlich zu bear­beit­en“, nen­nt Arndt Fie­len neue Lösungsan­sätze von Zecha. Auf der METAV wird das Unternehmen Neuen­twick­lun­gen im Bere­ich der Mikroz­erspanungswerkzeuge präsen­tieren. „Unter anderem sind das unsere High-End-Werkzeugse­rien zur Bear­beitung schw­er zerspanen­der NE-Werk­stoffe und zum Hart­fräsen im Werkzeug und For­men­bau“, gibt Fie­len einen Ausblick.

Das Dort­munder ISF bietet eben­falls diverse Möglichkeit­en zur Prozessen­twick­lung, um die Fer­ti­gung von Präzi­sion­swerkzeu­gen opti­mal auf den jew­eili­gen Anwen­dungs­fall abstim­men zu kön­nen. „Indus­trie­un­ternehmen unter­stützen wir gern bei der eige­nen Entwick­lung, sowohl mit unserem fach­lichen Know-how als auch mit speziellen Analy­segeräten sowie Maschi­nen und Anla­gen. Diese sind teil­weise einzi­gar­tig, um gezielt Details an Präzi­sion­swerkzeu­gen für die jew­eilige Anwen­dung opti­mieren zu kön­nen“, beschreibt Prof. Bier­mann das Poten­zial des ISF für neue Werkzeu­gen­twick­lun­gen. Neben diversen Prä­pa­ra­tions­meth­o­d­en sind am ISF spezielle Ein­rich­tun­gen zur grundle­gen­den Analyse der Span­bil­dungsvorgänge mit mod­i­fizierten Werkzeu­gen ver­füg­bar sowie zur Mate­ri­alcharak­ter­isierung unter Bedin­gun­gen, die der Zerspanung sehr nahe kom­men. Des Weit­eren wer­den am ISF aktuell Entwick­lun­gen durchge­führt, um mit­tels addi­tiv­er Fer­ti­gung Werkzeughal­ter mit verbesserten Dämp­fung­seigen­schaften her­stellen zu kön­nen. Die Wis­senschaftler des Insti­tuts arbeit­en zudem an Lösun­gen, die helfen sollen, die unter­schiedlichen und häu­fig sehr anspruchsvollen Zusam­men­hänge durch Sim­u­la­tion bess­er zu durch­drin­gen und so eine zielführende Werkzeu­gen­twick­lung zu unterstützen.

Kas­ten­text: Span­n­mit­tel-Forum auf der METAV 2020

Unter dem Titel „Span­ntech­nik – Lösun­gen für Mega­trends“ ver­anstal­tet VDMA Präzi­sion­swerkzeuge am 11. März zum 4. Mal das Forum Span­ntech­nik. Mit zahlre­ichen Vorträ­gen informiert das Forum darüber, mit welchen Lösun­gen die Span­ntech­nik dazu beiträgt, dass ihre Kun­den die Her­aus­forderun­gen durch Megath­e­men wie z.B. smarte Fer­ti­gung, Cloud-Plat­tfor­men, addi­tive Fer­ti­gung, alter­na­tive Antrieb­skonzepte, Dig­i­tal­isierung etc. erfol­gre­ich meis­tern. Im Fokus der Vorträge ste­hen inno­v­a­tive Werk­stück- und Werkzeugspan­ntech­nik sowie neueste Erken­nt­nisse aus der Forschung. Infos und Anmel­dung unter: https://pwz.vdma.org/kalender/-/event/view/53963

Kas­ten­text Ende

Umfang: rund 9.814 Zeichen inkl. Leerzeichen)

Autorin: Annedore Bose-Munde, Fachjour­nal­istin aus Erfurt, im Auf­trag des VDMA Präzisionswerkzeuge

Kategorien: 2019