Sicherheit als strategischer Prozess – METAV Safety Day gibt Einblicke in Sicherheitskonzepte für Werkzeugmaschinen
Frankfurt am Main, den 27. Janaur 2020 – Mit der europäischen Maschinenrichtlinie steht derzeit das wohl bedeutendste Regelwerk für den Bereich Maschinensicherheit auf dem Prüfstand. Die EU-Kommission plant eine Neufassung. Die textlichen Vorboten sorgen bei Unternehmen und Verbänden gleichermaßen für Unruhe. Mögen zwar die Ziele der Revision, wie etwa die Anpassung an den technischen Fortschritt, noch Zustimmung finden, so liegt die Crux wie so oft im Detail. Das gilt vor allem für die Werkzeugmaschinen. Wie sich die sicherheitstechnische Auslegung von Maschinen bei veränderlichen Rahmenbedingungen im marktwirtschaftlichen Wettbewerb weiter verbessern lässt, ist Thema auf dem Safety Day, zu dem der VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken) im Rahmen der Fachmesse METAV (9. bis 11. März 2020) am 10. März auf das Düsseldorfer Messegelände einlädt.
Dabei werden der derzeit gültigen Maschinenrichtlinie (MRL) aus dem Jahr 2006 durchaus positive Effekte für die Branche zugesprochen. Sie dürfte maßgeblich dazu beigetragen haben, die Sicherheitsstandards innerhalb der Europäischen Union zu vereinheitlichen und somit einen EU-Mehrwert zu generieren. Für Eberhard Beck, Leiter Steuerungstechnik beim Werkzeugmaschinenhersteller Index-Werke und Mitglied des Arbeitskreises 3 „Sicherheitstechnik“ im VDW, steht fest, dass effektive und produktive Maschinen nur zu entwickeln sind, wenn Hersteller alle technischen Eigenschaften und Funktionen durch Messungen und Analysen kennen und dokumentieren können. Das umfasse auch die Maschinensicherheit. So ließen sich Differenzierungsmerkmale am Markt erschließen und erfolgreich kommunizieren. Becks klare Position: „Ich sehe den hohen Sicherheitszwang in Summe eher als Vorteil und weniger als Nachteil der deutschen Werkzeugmaschinenindustrie.“
Der VDW als Interessenvertretung der deutschen Werkzeugmaschinenindustrie hat seine eigene Strategie entwickelt, um einerseits in Normungsprozessen Verständnis für die speziellen praxisrelevanten Aspekte bei Werkzeugmaschinen zu wecken – was sich nicht immer einfach darstellt, wie Experten jetzt auch bei der Neufassung der Maschinenrichtlinie beklagen. Auf der anderen Seite geht es darum, Schlüsselthemen der Werkzeugmaschinensicherheit mit Fachleuten aus Mitgliedsunternehmen, Zulieferern und Kunden aufzubereiten und so kontinuierlich Branchenstandards zu erhöhen, die sich auch normativ verankern lassen. „Sicherheit ist keine Eigenschaft, sondern ein Prozess“, betont Dr. Alexander Broos, Leiter der Abteilung Forschung und Technik im VDW.
Um wirkliche (Personen-)Sicherheit im Umgang mit Maschinen erreichen zu können, „muss permanent gegengeprüft, überdacht und weitergedacht werden“, bestätigt Eberhard Beck. Jeder im Laufe der Maschinennutzung bekannt werdende Beinahe-Unfall oder Unfall müsse sicherheitsgerichtet berücksichtigt und geprüft werden, um gegebenenfalls nachzubessern. Nur so sei es möglich, die Maschinensicherheit kontinuierlich zu erhöhen und dafür zu sorgen, „dass auch der gleichzeitige Eintritt einer Vielzahl unerwarteter Gefährdungssituationen im Sinne der Personensicherheit beherrscht werden kann.“ Eberhard Beck zieht für sich selbst daraus die Motivation, sich im VDW für das Thema Sicherheitstechnik zu engagieren. Die Arbeit im Arbeitskreis diene dem Erfahrungsaustausch und sozusagen als „Katalysator“, stellt er fest.
Wissenschaftliche Unterstützung unverzichtbar
Da es nicht mehr nur um kontinuierliche Verbesserungen, sondern um den Nachweis der Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines kritischen Ereignisses (probabilistische Betrachtungsweise) und die Bewertung des Restrisikos geht, wird darüber hinaus die Zusammenarbeit mit Universitäten und Forschungsinstituten forciert. So wurde in bisherigen Studien unter anderem untersucht, wie der Einsatz trennender Schutzeinrichtungen zur signifikanten Reduzierung des Sicherheitsrisikos führen kann oder welche Möglichkeiten es gibt, etwa das Risiko des Falls einer schwerkraftbelasteten Achse zu minimieren.
Während auf der einen, der Herstellerseite, Untersuchungen vom VDW initiiert und unterstützt werden, sind auf der anderen, der Kunden- und Anwenderseite, die Berufsgenossenschaften mit eigenen Forschungsprojekten unterwegs. Im Idealfall kommen die Experten zu übereinstimmenden Ergebnissen, für die dann auch gemeinsam international um Anerkennung geworben wird. So reiste Christian Adler, Leiter der Prüf- und Zertifizierungsstelle Oberflächentechnik und Anschlagmittel der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM), Hannover, Ende Januar mit dem VDW-Sicherheitsexperten Heinrich Mödden nach Tokio, um dort für einen Vorschlag zur Dimensionierung von Schutzeinrichtungen an Schleifmaschinen zu werben. „Ausgangspunkt des Problems war, dass die bisherige Auslegungskonvention völlig überzogen und kaum umsetzbar war“, so Adler, was dazu führte, dass die Norm in der Praxis einfach nicht beachtet wurde. Die BGHM konnte mit eigener Studie nachweisen, dass die Umhausung gar nicht so massiv sein muss, da sie sich auch verformen darf, ohne ihre Sicherheitswirkung zu verlieren. Den erarbeiteten Vorschlag wird Christian Adler beim METAV Safety Day vorstellen. Grundsätzlich vertritt er die Auffassung, dass „es keinen Sinn macht, die perfekte Schutzeinrichtung zu fordern, wenn die Maschine dann aus praktischen oder wirtschaftlichen Erwägungen nicht gebaut werden kann“.
Wirtschaftlichkeit als Prämisse
Natürlich sind bei der Auslegung einer Maschine wirtschaftliche Erwägungen vorrangig. „In erster Linie muss eine Maschine tun, wofür sie angeschafft wird“, beschreibt Dr. Alexander Broos die Kundensicht, „und das muss wirtschaftlich sein.“ Der Balanceakt zwischen Markt- und Sicherheitsanforderungen spiele sich in einem Spannungsfeld ab, das sich „tagesaktuell“ ändert, wie der VDW-Experte sagt. So werde schon mal nach einem Unfall durch eine importierte, nicht normkonforme Maschine der Ruf nach höheren Sicherheitsstandards für europäische Produkte laut. Neue sachliche Brisanz ergebe sich derzeit daraus, dass bei der Reform der Maschinenrichtlinie die Themen Cybersecurity und künstliche Intelligenz mit aufgenommen werden sollen. Dahinter steht zwar das nachvollziehbare Anliegen, den technischen Fortschritt abzubilden, doch seien Themen wie etwa die Prozessoptimierung durch Digitalisierung und Maschinensicherheit nach Auffassung von Broos grundsätzlich zu trennen. „Eine Maschine wird schließlich nicht dadurch unsicherer, dass der Bearbeitungsprozess mit KI-Methoden optimiert wird.“ Die Vermengung der Begriffe Safety und Security – in der deutschen Übersetzung „Sicherheit“ nicht zu unterscheiden – wird auf der METAV 2020 in zwei unterschiedlichen Veranstaltungen klar getrennt. Beim Thema Cybersecurity geht es, einfach gesprochen, um den Schutz der Maschine vor Angriffen des Menschen. Bei Safety steht der Schutz des Menschen vor der Maschine – oder sich selbst – im Vordergrund.
Mensch-Maschine-Interaktion im Fokus
Ein großes Problem bleibt, dass Unfälle an Werkzeugmaschinen zwar sehr selten passieren, dann aber, oft verursacht durch Bedienerfehler, zu sehr schweren, wenn nicht gar tödlichen Verletzungen führen können. Der wichtigste Gedanke ist daher, wie die „Fehlerquelle“ Mensch vor sich selbst zu schützen ist. Dazu sagt die Drei-Stufen-Strategie der Risikominimierung nach ISO 12100, dass an erste Stelle eine inhärente, also zusammenhängende sichere Maschinenkonstruktion stehen muss. An zweiter Stelle kommen Schutzmaßnahmen und ergänzende Schutzmaßnahmen. Und erst wenn die erste und zweite Stufe vollumfänglich angewendet sind und relevante Restrisiken bleiben, geht es um Instruktionen und Benutzerinformationen.
Auf dem METAV Safety Day wird der Themenbereich Mensch-Maschine-Interaktion breiten Raum einnehmen. Größte Gefahren entstehen etwa durch Fehler im Spannvorgang und dadurch freigesetzte umherfliegende Teile sowie durch Betreten des Schutzraumes einer Maschine, die noch arbeitet, oder durch Manipulationen.
Dr. Volker Wittstock, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur für Werkzeugmaschinenkonstruktion und Umformtechnik an der TU Chemnitz, hat die sicherheitstechnische Problemstellung des Vertikal-Drehens in Fräsmaschinen mit einer Gruppe von Auszubildenden getestet. Er beobachtete Vorgänge, analysierte Montagefehler und berechnete die menschliche Fehlerwahrscheinlichkeit. Daraus entstand das Forschungsthema „Erfassung und Vergleichbarkeit der menschlichen und technischen Zuverlässigkeit zur verbesserten Werkstückspannung beim Vertikal-Drehen – MTZ Dreh“, mit dem er sich über das VDW-Forschungsinstitut um Förderung bei der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) bewarb. Die Arbeit am Projekt beginnt Anfang März. Ziel ist laut Wittstock, eine neue Beurteilungsmethode der Ursache-Wirkung-Beziehung zu entwickeln, die beim möglichen Versagen der manuellen Werkstückspannung und damit der ungewollten Freisetzung von Werkstücken entstehen kann. Der Lösungsansatz soll vor allem kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) unterstützen, die von manueller oder teilautomatisierter Fertigung geprägt sind.
Mit den geplanten Nutzertests, an denen sich möglichst viele Betriebe beteiligen sollen, werden Schwächen der Mensch-Maschine-Interaktion erkannt, so Wittstock. Er sieht hier Ansatzpunkte, um Instruktionen oder auch das generelle Wissen von sicherheitsrelevanten Zusammenhängen etwa durch Priorisierungen zu verbessern. Ob dieses Wissen dann vorzugsweise per Handy, via Bildschirm an der Maschine oder gar über Virtual Reality (VR) vermittelt wird, dürfte Wittstock sicher auch auf dem METAV Safety Day gefragt werden. Klare Ansätze gibt es noch nicht, sagt er, zumal auch die Vorgaben durch die neue Maschinenrichtlinie dabei eine Rolle spielen. Eine digitale Betriebsanleitung würde jedenfalls sehr große Spielräume zulassen. Eine Betriebsanleitung auf Papier oder per PDF, wie sie in der Neufassung der Maschinenrichtlinie derzeit auch noch vorgesehen ist, tut das eher nicht.
VDW-Technologietag – Sicherheitstechnik an Werkzeugmaschinen bei veränderlichen Rahmenbedingungen, 10. März 2020, in Halle 1, Raum 14
10.00 Uhr Begrüßung
10.10 Uhr Bevorstehende Revision der Maschinenrichtline
10.40 Uhr Risikobeurteilung und Nachweis eines tolerierbaren Restrisikos
11.30 Uhr Erfolgsprinzipien für die Sicherheit
12.20 Uhr Mittagspause
13.00 Uhr Erfolgsprinzipien für die Sicherheit
14.40 Uhr Rechtliche Aspekte
KASTEN ENDE
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Autorin: Cornelia Gewiehs, freie Journalistin, Rotenburg (Wümme)
METAV 2020 Safety Day: Sicherheitstechnik an Werkzeugmaschinen
Die EU-Kommission treibt die Neufassung der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG weiter voran, z. B. mit einer öffentlichen Umfrage im Sommer 2019. Der VDW begleitet das Rechtssetzungsverfahren sehr eng und hat u. a. darauf hingewiesen, dass im Zeitalter der Digitalisierung die Forderung nach einer Betriebsanleitung in Papier nicht mehr zeitgemäß ist.
Zu den Risikobeurteilungen, die die Maschinenrichtlinie auch fordert, wurden in letzter Zeit gravierende Änderungen im normativen Überbau vorgenommen, besonders den Aspekt der funktionalen Sicherheit betreffend.
Der VDW hat deshalb branchenübliche Konstruktionsmethoden für Werkzeugmaschinen mit den Methoden der anspruchsvollen neuen Steuerungsnorm ISO 13849-1 gründlich überprüft und die erreichbaren Performance Level bestehender Steuerungsketten ermittelt. Dabei konnte auf Basis von Felddaten die sicherheitstechnische Zuverlässigkeit mehrfach nachgewiesen werden. Dieser Befund deckt sich damit, dass Unfallzahlen an Werkzeugmaschinen in Deutschland seit Jahren konstant rückläufig sind.
Solche evidenten Argumente werden aber seit einiger Zeit wieder in Frage gestellt, etwa durch den Ansatz in der obigen Umfrage, die Themen „Safety“ und „Security“ bei der Revision der Maschinen-richtlinie zusammen zu bringen. Hierzu hat der VDW zusammen mit dem VDMA und CECIMO eine ablehnende Haltung eingenommen.
Diese und weitere spannende Aspekte des weitgefassten Themengebiets werden in Fachvorträgen von mehreren Seiten durch Maschinenhersteller, Komponentenlieferanten und Arbeitsschutzexperten beleuchtet. Es wird aufgezeigt, welche Anforderungen an moderne Werkzeugmaschinen gestellt und wie diese gegenwärtig erfüllt werden.
Am Ende der Veranstaltung soll das Fazit diskutiert werden: normkonform konstruierte und bestimmungsgemäß verwendete Werkzeugmaschinen sind sicher!
Wir laden Sie herzlich dazu ein.
Netzwerktag Benelux auf der METAV 2020
Die Benelux Staaten, allen voran die Niederlande, sind der größte Handelspartner Nordrhein-Westfalens. Dies ist nicht weiter verwunderlich, eröffnen doch regionale Nähe und die hohen Standards auf beiden Seiten attraktive Zuliefer- und Kooperationsmöglichkeiten.
Deshalb wird die METAV zum zweiten Mal als Plattform genutzt, um die Wirtschaftsbeziehungen im Bereich der Produktionstechnik zwischen den Benelux-Ländern und Nordrhein-Westfalen weiter zu pflegen und zu verbessern.
So findet bereits am ersten Messetag ein Treffen zwischen Unternehmen und Netzwerken aus Benelux und Ausstellern auf der METAV statt. Im Anschluss daran haben die Teilnehmer die Möglichkeit an verschiedenen geführten Rundgängen zu den Themen umati, neue Potenziale in der Fertigung, Qualitätssicherung als Baustein von Industrie 4.0 sowie Digitalisierung in der beruflichen Ausbildung teilzunehmen.
Der Netzwerktag wird am Nachmittag durch eine Matchmaking-Veranstaltung abgerundet. Hierfür können sich interessierte Firmen und Besucher unter dem Stichwort benelux@metav2020 bereits im Vorfeld der Messe anmelden.
Industrie 4.0-Komponenten verändern Werkzeugmaschinen und deren Umfeld
Innovationsforum Düsseldorf zeigt auf der METAV 2020 Theorie und Praxis moderner Metallbearbeitung
METAV Night im Stil der 1980er Jahre
Verbindet man den Begriff Netzwerken, also den Aufbau und die Pflege von persönlichen und beruflichen Kontakten, mit dem Begriff Party, ein zwangloses Fest mit Speis und Trank sowie Musik und Tanz, spiegelt dies das Vorhaben der ersten METAV Night anlässlich des 40-jährigen Jubiläum METAV wider.
In der Vergangenheit feierten nur die Aussteller unter sich. Doch ist die METAV in Wirklichkeit nicht ein Treffpunkt, bei dem sich Aussteller, Besucher und Geschäftspartner begegnen? Bei dem sich Experten austauschen über aktuelle Fertigungsverfahren in der Produktionstechnik oder einfach mal über persönliche Interessen sprechen? Und warum nur während der Messeöffnungszeiten? Warum kann sich der Aussteller nicht mit seinem Kunden abends bei einem erfrischenden Getränk und gutem Essen in angenehmer Atmosphäre treffen, netzwerken und einfach einen schönen Abend haben?
Dies wird nun möglich, zur 40 Jahre Jubiläums METAV Night, am Donnerstag den 12. März 2020. Feiern Sie mit uns 40 Jahre METAV und erleben Sie eine kulinarische Zeitreise. Genießen Sie coole Drinks, frisches Düsseldorfer Altbier sowie Guildo Horn + die Orthopädischen Strümpfe. Ausschließlich Aussteller können bequem über das OOS (Online-Order-System) der Messe Düsseldorf Karten für die METAV Night für sich, ihre Kunden, Partner und Mitarbeiter bestellen.
- Die Karte kostet 40 Euro.
- Sie können auch gegen einen geringen Aufpreis ihren eigenen Tisch buchen. Das Tischpaket beinhaltet sechs Teilnehmerkarten für Sie und Ihre Gäste. Somit können Sie diesen Event gemeinsam live erleben.
- Im Ticketpreis enthalten sind Speisen und Getränke (Bier, Wein und Softdrinks) und natürlich das Veranstaltungsprogramm im Stil der 1980er Jahre.
Wir freuen uns jetzt schon auf einen tollen Abend mit Ihnen und Ihren Gästen!
Aufmerksamkeit schützt vor Hackern – METAV 2020 bietet Expertenwissen zur Datensicherheit – Cybersecurity-Kongress zeigt Herausforderungen in der Office- und Produktionswelt
Frankfurt am Main, 21. November 2019 – Die Digitalisierung hat ihren Preis: Die Vernetzung von Menschen, Maschinen und Unternehmen erhöht nicht nur Produktivität und Nachhaltigkeit, sondern steigert auch das Risiko einer Cyberattacke. Wege aus dem Dilemma bietet der Kongress Cybersecurity des VDMA auf der METAV 2020 am 11. März 2020. Ein Erfolgsrezept verrät vorab Heinz-Uwe Gernhard, Leiter des VDMA-Arbeitskreises Security und im Hauptberuf bei Robert Bosch in Stuttgart zuständig für IT-Security im Interview: Schulung der Aufmerksamkeit für Cyberattacken.
Herr Gernhard, hat das Bewusstsein für Cybersecurity zugenommen?
Heinz-Uwe Gernhard: Ja, aber nicht in dem Ausmaß, den ich damals beim Start des Arbeitskreises Security im Jahr 2012 erwartet habe. Es besteht nach wie vor dringender Handlungsbedarf, denn Deutschland und die EU werden mit Gesetzen und Regelungen Maßnahmen zum besseren Schutz, auch der Produktion, vor Cyberangriffen einfordern. Ein Mittel zum Zweck ist sicherlich der Einsatz von zusätzlicher IT. Aber ohne das dazugehörige Wissen und die organisatorischen Fähigkeiten wird das allein nicht ausreichen, um für eine Erhöhung der notwendigen Sicherheit zu sorgen. Hilfreich in diesem Zusammenhang sind sicherlich die Bemühungen im Kontext von Industrie 4.0, aber dort ist Cybersecurity leider auch nur ein Thema von vielen.
Was empfehlen Sie einem Einsteiger?
Heinz-Uwe Gernhard: Einfach anfangen und Vorsorge treffen, sowohl technisch als auch organisatorisch. Das ist genauso wie bei der alljährlichen Grippe-Epidemie. Das Risiko, sie zu bekommen, ist nun mal ohne Grippeschutzimpfung höher. In der heutigen vernetzten Welt ist keiner mehr vor einer Cyberattacke sicher. Hier muss ein Sinneswandel stattfinden.
Cyberattacken nehmen zu
Welche Maßnahmen sollten Unternehmen ergreifen, die sich jetzt mitten in der digitalen Transformation – Stichwort Industrie 4.0 – befinden?
Heinz-Uwe Gernhard: Es ist eine klare und eindeutige Managementaufgabe. Die Verantwortlichen müssen die Risiken, die durch die Vernetzung drohen, ganz klar erkennen und Maßnahmen definieren. Mit Blick auf die Verfügbarkeit der Produktionstechnik müssen sie verstehen, dass ihnen erhebliche Schäden drohen. Davor ist auf Grund der Vernetzung niemand gefeit. Wer die Fachpresse verfolgt, findet immer wieder Nachrichten, wie zum Beispiel, dass eine Cyberattacke sogar die IT einer Spezialfirma für Sicherheits- und Steuerungstechnik weitestgehend lahmlegte. Die Firma hat diesen Vorfall publik gemacht. Das ist für mich richtig und wichtig, denn wir sitzen alle im selben Boot.
Doch noch ist Offenheit in Sachen Cyberattacken eher die Ausnahme: Inwiefern können Netzwerke wie der von Ihnen geleitete VDMA-Arbeitskreis Security dabei helfen – indem man untereinander offen über Cyberattacken spricht?
Heinz-Uwe Gernhard: Wir gehen das Thema proaktiv an, in dem wir die Risiken klar adressieren und Hilfestellungen zu den vielfältigen Fragen bieten. Mir geht es insbesondere darum, dass wir über Verbandsgrenzen hinweg gemeinsam für Transparenz sorgen. Eine gute Ausgangsbasis bietet auch die Plattform Industrie 4.0 mit ihrem Link www.plattform-i40.de.
Oft fehlt das richtige Bewusstsein
Manche Firmen beginnen nun ganz gezielt, bei ihren Mitarbeitern das Bewusstsein für Betrugsszenarien zu wecken. Was halten Sie von dem neuen Zauberwort Cyberresilienz, das gerade die Runde macht?
Heinz-Uwe Gernhard: Das ist der richtige Weg, denn Aufmerksamkeit bietet für diese Bedrohungsart den besten Schutz. Das ist eine Fähigkeit, die jeder Anwender von Cybertechnologien besitzen sollte.
Wie beurteilen Sie den Stand der Sicherheits-IT?
Heinz-Uwe Gernhard: Vergleichen wir es mit dem Verkehr. Ein Autofahrer brauchte im Jahr 1920 ein ganz anderes Risikobewusstsein als ein heutiger Pkw-Lenker, dessen Fahrzeug eine deutlich geringere Aufmerksamkeit erfordert, weil es ihm vieles abnimmt. Fahrzeuge und Infrastruktur machen das Autofahren heute sehr viel risikoärmer. Im Vergleich dazu ist der Reifegrad unserer gegenwärtigen IT in Bezug auf ihre inhärenten Risiken auf dem Stand eines Autos von 1920. Es erfordert vom Benutzer eine hohe Aufmerksamkeit und vielfältiges Wissen. Awareness oder auf gut Hessisch „uffpasse!“ ist aktuell ein zentrales Thema.
Ist das nicht Angstmacherei?
Heinz-Uwe Gernhard: Nein, es ist keine Angstmacherei. Beispielhaft werden Szenarien im Roman Blackout von Marc Elsberg durchgespielt. Die technischen Aspekte darin sind eben keine Fiktion, sondern entsprechen den Realitäten und sind nur von ihm romanhaft und spannend verpackt worden. Hier wurde ja auch der Gesetzgeber mit dem IT-Sicherheitsgesetz (Kritis) aktiv, das sich gerade in Überarbeitung befindet.
Der IT-Experte Peter Turczak sagte im VDMA Magazin: „In eine Cloud würde ich niemals Daten ablegen, ohne die unser Betrieb stillstehen würde.“ Unternehmen benötigen aber Daten für die Umsetzung von Industrie 4.0 und müssen sie sicher speichern. Was gehört in die Cloud und was nicht?
Heinz-Uwe Gernhard: Der IT-Kollege spricht die zentrale Forderung der OT (?) nach Verfügbarkeit an. Als Nachrichtentechniker sehe ich immer den Wettbewerb zwischen Bandbreite, Rechnerleistung vor Ort und natürlich den Kosten. Die Cloud bietet vielen eine zentralisierte Anwendung mit viel Rechenleistung, wenn die Bandbreite stimmt. Der Anwender muss die Art des Cloud-Einsatzes mit Blick auf seine Risikobereitschaft und Verfügbarkeitsanforderungen und seinen technischen und organisatorischen Fähigkeiten abwägen. Eine andere wichtige Frage ist natürlich das Vertrauen bzw. die Vertrauenswürdigkeit des Anbieters und deren Sicherstellung.
Es ist also eine Vertrauensfrage?
Heinz-Uwe Gernhard: Genau, ich muss mich fragen, wem ich wie vertraue. Reichen im gegebenen Rechtsraum technische Maßnahmen, Verträge und Zertifizierungen von beteiligten Dienstleistern aus?
Auf der Metav 2020 verfügen die meisten Werkzeugmaschinen über Internetanschlüsse: Worauf sollten Messebesucher achten?
Heinz-Uwe Gernhard: Es handelt sich hoffentlich nicht um einen offenen Internetanschluss, sondern um eine, auch hier wieder, vertrauenswürdige Verbindung. Fragen Sie hierzu nicht nur nach der technischen Lösung, sondern auch nach den organisatorischen Fähigkeiten des Anbieters. Technisch bieten sich private VPN-Netze mit entsprechender vertraglicher Absicherung an.
Eine Norm bietet Hilfestellung
Wie kann sich der Messebesucher auf das Gespräch vorbereiten?
Heinz-Uwe Gernhard: Hilfe bietet die Norm ISO/IEC 62443, die im Teil 2-4 mit den „Anforderungen an das IT-Sicherheitsprogramm von Dienstleistern für industrielle Automatisierungssysteme“ den Rahmen vorgibt, worauf er bei Angeboten achten sollte. Ansonsten sind Regelungen und Standards, auch wenn sie oft etwas spröde sind, hilfreich und zielführend.
Herr Gernhard, wir bedanken uns für das Gespräch.
VDMA: Cybersicherheit durch gezieltes Zusammenspiel
Informationstechnologien sind heute ein wichtiger Teil nahezu jeder Produktionsanlage. „IT macht Maschinen nicht nur schlau und interaktiv, sondern auch anfälliger für Cyberangriffe“, beobachtet Steffen Zimmermann, Leiter Competence Center Industrial Security beim VDMA. „Um hohe Maschinenverfügbarkeit und Integrität der Daten über den gesamten Produktlebenszyklus zu garantieren, bedarf es des Zusammenspiels der Anbieter von Automatisierungslösungen und Maschinen mit dem Betreiber der Anlage.“ Zudem müssten sich Betreiber darauf einstellen, dass die Gefahr einer Cyberattacke immer besteht. Daher sollten Betreiber mit grundlegenden Maßnahmen ihre Cyberresilienz sicherstellen, um die Auswirkungen eines Cyberangriffs zu verringern. Den aktuellen Stand der Dinge vermittelt am 11. März 2020 der Cybersecurity-Kongress von VDW und VDMA auf der METAV 2020, bei dem das Zusammenwachsen von Office- und Produktionswelt im Mittelpunkt steht. Zu den Themen zählen unter anderem: Regulierung, Fernwartung/internationale Vernetzung, Live Hacking und Basic-Maßnahmen zur Wiederherstellung eines IT-Netzwerkes.
Vita: Heinz-Uwe Gernhard
Heinz-Uwe Gernhard (Jahrgang 1957) wechselte als junger Diplom-Ingenieur (Nachrichtentechnik) nach seinem Studium an der TH Darmstadt 1983 als Entwickler zum Elektronikkonzern SEL. 1987 bis 2017 entwickelte Heinz-Uwe Gernhard Steuerungstechnik bei der heutigen Bosch Rexroth Electric Drives and Controls GmbH in Erbach. Seit 2017 arbeitet der Diplom-Ingenieur im Zentralbereich IT Security and Application (C/TED1) bei der Robert Bosch GmbH in Stuttgart. Sein Spezialgebiet ist das Risikomanagement und IT-Security für die Fertigung.
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Autor: Nikolaus Fecht im Auftrag des VDW
Der METAV liebste Plätzchen: Standplätzchen!
Ein bewegtes Jahr neigt sich seinem Ende entgegen. Die Tage werden kürzer, die Nächte kälter und Besinnlichkeit hält Einzug. Doch Weihnachtszeit ist auch Plätzchenzeit. Deshalb haben wir uns in die Backstube gestellt und unsere Lieblingsplätzchen gebacken: Standplätzchen!
Mit vereinten Kräften aus den Abteilungen Presse & Öffentlichkeit, Messe, Forschung und Technik und Freunden trafen wir uns am Morgen des 1. Advent, um Teig zu kneten, Plätzchen zu stechen und zu dekorieren. Standen im Dezember 2018 “nur” Plätzchen der EMO Hannover auf dem Programm, sollte es in diesem Jahr eine deutlich größere Vielfalt geben: zusätzlich zum bewährten Motiv sollten rund 100 umati-Leckereien sowie gut 350 Gebäckstücke mit Ausstellernamen der METAV 2020 entstehen, um jedem bislang angemeldeten Aussteller ein Social Media taugliches Foto seines Standplätzchens zusenden zu können. Um die Küchenschlacht auf die Spitze zu treiben, wurden je weitere 50 VDW-Plätzchen und Blanko-Standplätzchen geplant.
Weil eine Überraschung nur funktioniert, wenn sie möglichst lange eine Überraschung bleibt, war im Vorfeld maximale Geheimniskrämerei angesagt. Ausstellerlisten wurden nach Feierabend im leeren Büro gezogen, unter Mitwirkung verschwiegener Partner Motive erstellt und neben einer umati-Plätzchenform rd. 450 bedruckte Oblaten produziert. Zur Dekoration wurden Tannenzweige, Obst, Nüsse und eine Lichterkette besorgt, Weihnachtsplätzchen kunstvoll verziert und ein kleines Diorama gebaut.
Mit satten neun Kilogramm Teig ging es dann ans Werk: Teig ausrollen, Plätzchen ausstechen und backen im Akkord. Mit Oblaten verzieren, in das festliche Setting einbauen, Fotos knipsen und wieder zurück auf Anfang… Die Arbeitsteilung funktionierte prächtig, wenngleich sich die Oblaten mitunter als so anhänglich erwiesen, dass spontane Notoperationen mit viel Geduld, Fingerspitzengefühl und Kreativität nötig wurden. Ein kleines Weihnachtswunder durfte dabei selbstverständlich nicht fehlen: einige Opladen waren in weiser Voraussicht in mehrfacher Ausfertigung hergestellt worden, sodass wir von unserem Ziel einer vollständigen Abdeckung der bereits angemeldeten METAV-Aussteller nicht abrücken mussten.
Rechtzeitig vor Weihnachten wird den Ausstellern der METAV 2020 nun ein Weihnachtsgruß zugehen: ein Foto ihres eigenen Standplätzchens, mit dem Kunden, Mitarbeiter und Freunde auf den jeweiligen Social Media Plattformen auf die besinnlichen Tage sowie die METAV 2020 eingestimmt werden können. Wie bereits bei der EMO Hannover wird unser Team dafür sorgen, dass alle Posts mit einem Link auf die METAV-Accounts geliket und geteilt werden.
Übrigens: Mit Gebäck wird es auch auf der METAV weitergehen. Denn am Donnerstagabend, 12. März 2020, wird die „singende Nussecke“ Guildo Horn den METAV-Netzwerkabend rocken! Die Tickets sind limitiert und können nur von Ausstellern erworben werden. Laden Sie Ihre Kunden ein zur Messeparty des Jahres und feiern Sie mit uns 40 Jahre METAV!
Team: Vibeke Hoffmann, Götz Görisch, Susanna Herbert, Karen Schütz, Oliver Schneider, Dr. Stefan Schwaneck
Text: Dr. Stefan Schwaneck
Fotos: Oliver Schneider, Dr. Stefan Schwaneck
Neues zur Fertigung von Präzisionswerkzeugen METAV 2020 zeigt: Messtechnik und neue Technologien haben eine Schlüsselfunktion in der Prozesskette der Werkzeugherstellung
Die Werkzeugfertigung stellt höchste Ansprüche an Präzision und Qualität. Neben konventionellen Verfahren zur Herstellung kommen zunehmend neue Technologien zum Einsatz, wie etwa die laserunterstützte Fertigung für die Feinstrukturierung von Design- und Funktionsoberflächen oder additive Verfahren. Auf was es bei der Fertigung von Präzisionswerkzeugen ankommt, zeigen Aussteller auf der METAV 2020 vom 10. bis 13. März in Düsseldorf.
Werkzeuge müssen die jeweilige Bearbeitungsaufgabe mit höchster Produktivität und in geforderter Qualität erfüllen. „Besondere Herausforderungen für die Fertigung ergeben sich bei speziell anzufertigenden Sonderwerkzeugen, wie spezifisch angepasste Stufen- oder Feinbohrwerkzeuge. Bei diesen Werkzeugen ist häufig entscheidend, wie schnell sie realisiert werden können“, sagt Prof. Dirk Biermann, Leiter des Instituts für Spanende Fertigung (ISF) der Technischen Universität Dortmund. Gerade in diesem Bereich hätten führende Werkzeughersteller in der jüngeren Vergangenheit enorme Fortschritte erzielt, um den Forderungen nach immer kürzeren Lieferzeiten für Sonderwerkzeuge gerecht zu werden. Dabei biete unter anderem die additive Fertigung viele Vorteile. „Darüber hinaus sind gezielte Entwicklungen von großer Bedeutung, zum Beispiel in Form einer geeigneten Schneidkantenpräparation oder Schichtnachbehandlung. Ziel ist dabei, die Präzisionswerkzeuge gerade für die Bearbeitung von anspruchsvollen Höchstleistungswerkstoffen richtig auszulegen“, nennt Biermann einen weiteren Aspekt.
Thomas Feile, Versuchsingenieur bei der Mapal Dr. Kress KG sagt: „Natürlich bedarf es bei der Fertigung von µm-genauen Werkzeugen eines modernen Maschinenparks und hochqualifizierter Mitarbeiter, unter anderem beim Schleifen der Werkzeuge.“ Ein weiterer für den Präzisionswerkzeughersteller sehr wichtiger Punkt ist die Durchgängigkeit der Daten und damit der prozesssichere Austausch von Dateien und Informationen, beispielsweise aus der Konstruktion, der Arbeitsvorbereitung und aus der Fertigung.
Messtechnik hat Schlüsselfunktion für die Werkzeugherstellung
In der Mapal-Fertigung spielt die Messtechnik vor allem bei der Prüfung von funktionsrelevanten Merkmalen eine entscheidende Rolle. „Wir prüfen unter anderem die Durchmesser, die Schliffqualitäten, die Schneidkantenverrundung sowie die Mikro- und Makrogeometrien. Und nicht nur bei der Fertigung unserer Werkzeuge ist die Messtechnik ein entscheidender Faktor, auch für den Werkzeugeinsatz beim Kunden. Deshalb sind Mess- und Einstellgeräte Teil unseres Portfolios. Damit die Kunden Werkzeuge µm-genau einstellen können“, erläutert Versuchsingenieur Feile. „Werkzeuge benötigen heutzutage in der Regel eine spezielle Mikrogestalt der Schneidkanten, um besonders leistungsfähig zu sein. Darum müssen gerade für die genaue Analyse und quantitative Bestimmung der unterschiedlichen Aspekte der Schneidkantenmikrogestalt geeignete Messsysteme und Auswertestrategien eingesetzt werden“, ergänzt Biermann, der auch Mitglied der WGP (Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik) ist.
Analyse der Prozesskette zur Sicherung der Oberflächenqualität
Ein weiterer Aspekt, der bei der Werkzeugfertigung eine tragende Rolle spielt, ist die Oberflächenqualität. Je nach Anforderung an die Werkzeuge setzt zum Beispiel Mapal verschiedene Verfahren, wie Schleifen, Honen und Gleitschleifen sowie Polieren bei der Finishbearbeitung ein. „Die Herausforderung ist die Auswahl der richtigen Parameter, etwa bei den Schleifscheiben, für das zu bearbeitende Material. Die Spannuten von Werkzeugen aus Vollhartmetall werden beispielsweise poliert. Das Unternehmen unterscheidet sechs unterschiedliche Genauigkeitsstufen bei Vollhartmetallwerkzeugen, die mit unterschiedlichen Verfahren hergestellt werden – von geschliffen über feinst geschlichtet bis hin zu feinst poliert“, beschreibt Feile die Herangehensweise von Mapal.
„In Bezug auf die Wirkflächen an Präzisionswerkzeugen ist das Polierschleifen grundsätzlich geeignet. Gerade bei Bohrwerkzeugen ist eine sehr gute Oberfläche der Spannuten wichtig, um insbesondere bei der Fertigung von tiefen Bohrungen einen sicheren Späneabtransport auch bei hohen Schnittdaten und anspruchsvollen Werkstückstoffen zu gewährleisten“, erklärt Biermann. Das ISF hat in einem AiF-Forschungsprojekt (Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e.V.) gemeinsam mit namhaften Industrieunternehmen Untersuchungen durchgeführt, um den zielgerichteten Einsatz hinsichtlich Schleifscheibenauswahl, Abrichtbedingungen und Prozessparameter zu verbessern. Über seine Forschungsarbeiten berichtet das Institut auf der METAV.
Der Vertriebsleiter der Zecha Hartmetall-Werkzeugfabrikation GmbH in Königsbach-Stein, Arndt Fielen, betont: „Bestmögliche Oberflächenqualitäten erreicht man durch die genaue und spezifische Analyse der gesamten Prozesskette in der eigenen Fertigung und beim Kunden, wenn es um das Bauteil auf seiner Maschine geht.“ Daneben sei es wichtig, Details zu hinterfragen und nötigenfalls bestehende Prozesse zu verändern, um sie zu optimieren. Wenn beispielsweise bei der Bearbeitung von bleifreien Materialien laufende Produktionsprozesse umgestellt werden, sind oft Sonderwerkzeuge gefragt, bei denen es auf Details ankommt, die über „geht oder geht nicht“ entscheiden. Passt etwa der Schneidkantenradius zum Vorschub pro Zahn? Sind die Winkel am Werkzeug auf die Zähigkeit des Materials abgestimmt, um die Oberflächen und den Spanbruch zu optimieren oder muss für das Vermeiden von Schwingungen über eine neue Möglichkeit der Werkzeugspannung nachgedacht werden? „Wir generieren mit dem Kunden oftmals mehrere Varianten der zu testenden Werkzeuge, um sicher zu stellen, dass man das wirtschaftlichste Ergebnis erzielt“, berichtet Fielen.
Mit neuen Lösungsansätzen die Leistungsfähigkeit erweitern
Ein weiteres zentrales Thema in der Werkzeugfertigung sind innovative Technologien. „Wir möchten für unsere Kunden das bestmögliche Produkt fertigen. Deshalb setzen wir auch auf neue Lösungen“, sagt Thomas Feile. „Ein Beispiel dafür ist die additive Fertigung, mit der wir unter anderem unsere Hydrodehnspannfutter hinsichtlich Temperaturbeständigkeit und Geometrie erheblich optimiert haben.“
Um das Werkzeugmanagement durchgängig und transparent zu handhaben, hat Mapal zudem mit c-COM eine eigene Open-Cloud-Plattform entwickelt. Darauf werden die notwendigen Daten für eine digitalisierte Industrie bereitgestellt. Die Plattform vernetzt die Unternehmen entlang der Lieferkette und reduziert laut Versuchsingenieur Feile den Aufwand und die Kosten für alle Beteiligten. Gleichzeitig ermögliche die Lösung auch mit Blick auf die Herstellung von Präzisionswerkzeugen eine unternehmensweite, vorausschauende Planung und eine firmenübergreifende Kollaboration. Vor diesem Hintergrund wird Mapal zur METAV auf dem VDMA-Spanntechnikforum das Thema „Kommunikation zwischen Maschine und Werkzeug – Digitalisierung” detailliert beleuchten.
„Durch ständiges Optimieren und Investieren in die eigenen Fertigungskapazitäten und Werkzeugtechnologien generieren wir immer neue Möglichkeiten, den Kundennutzen zu steigern. Ein Beispiel dafür ist eine High-End-Werkzeuglinie, die mit ihrer laserbearbeiteten diamantbeschichteten Schneidkante eine Möglichkeit bietet, auch bleifreie oder schwer zerspanbare NE-Materialien wirtschaftlich zu bearbeiten“, nennt Arndt Fielen neue Lösungsansätze von Zecha. Auf der METAV wird das Unternehmen Neuentwicklungen im Bereich der Mikrozerspanungswerkzeuge präsentieren. „Unter anderem sind das unsere High-End-Werkzeugserien zur Bearbeitung schwer zerspanender NE-Werkstoffe und zum Hartfräsen im Werkzeug und Formenbau“, gibt Fielen einen Ausblick.
Das Dortmunder ISF bietet ebenfalls diverse Möglichkeiten zur Prozessentwicklung, um die Fertigung von Präzisionswerkzeugen optimal auf den jeweiligen Anwendungsfall abstimmen zu können. „Industrieunternehmen unterstützen wir gern bei der eigenen Entwicklung, sowohl mit unserem fachlichen Know-how als auch mit speziellen Analysegeräten sowie Maschinen und Anlagen. Diese sind teilweise einzigartig, um gezielt Details an Präzisionswerkzeugen für die jeweilige Anwendung optimieren zu können“, beschreibt Prof. Biermann das Potenzial des ISF für neue Werkzeugentwicklungen. Neben diversen Präparationsmethoden sind am ISF spezielle Einrichtungen zur grundlegenden Analyse der Spanbildungsvorgänge mit modifizierten Werkzeugen verfügbar sowie zur Materialcharakterisierung unter Bedingungen, die der Zerspanung sehr nahe kommen. Des Weiteren werden am ISF aktuell Entwicklungen durchgeführt, um mittels additiver Fertigung Werkzeughalter mit verbesserten Dämpfungseigenschaften herstellen zu können. Die Wissenschaftler des Instituts arbeiten zudem an Lösungen, die helfen sollen, die unterschiedlichen und häufig sehr anspruchsvollen Zusammenhänge durch Simulation besser zu durchdringen und so eine zielführende Werkzeugentwicklung zu unterstützen.
Kastentext: Spannmittel-Forum auf der METAV 2020
Unter dem Titel „Spanntechnik – Lösungen für Megatrends“ veranstaltet VDMA Präzisionswerkzeuge am 11. März zum 4. Mal das Forum Spanntechnik. Mit zahlreichen Vorträgen informiert das Forum darüber, mit welchen Lösungen die Spanntechnik dazu beiträgt, dass ihre Kunden die Herausforderungen durch Megathemen wie z.B. smarte Fertigung, Cloud-Plattformen, additive Fertigung, alternative Antriebskonzepte, Digitalisierung etc. erfolgreich meistern. Im Fokus der Vorträge stehen innovative Werkstück- und Werkzeugspanntechnik sowie neueste Erkenntnisse aus der Forschung. Infos und Anmeldung unter: https://pwz.vdma.org/kalender/-/event/view/53963
Kastentext Ende
Umfang: rund 9.814 Zeichen inkl. Leerzeichen)
Autorin: Annedore Bose-Munde, Fachjournalistin aus Erfurt, im Auftrag des VDMA Präzisionswerkzeuge
OPC UA erleichtert Messtechnikern das Leben – METAV 2020 veranschaulicht Einbindung der Längenmesstechnik in die digitalisierte Metallbearbeitung
Der herstellerunabhängige Kommunikationsstandard OPC UA (Open Platform Communications Unified Architecture) verzeichnet zurzeit einen rasanten Zuwachs, weil die offene Plattform unter anderem die Integration neuer Maschinen und Geräte innerhalb der Produktion entscheidend erleichtert. Für die Längenmesstechnik erarbeitet der VDMA dazu aktuell entsprechende domänenspezifische Informationsmodelle („Companion Specifications“). Auf der METAV 2020 vom 10. bis zum 13. März erhalten Fachbesucher Informationen renommierter Messtechnikhersteller aus erster Hand.
Die Längenmesstechnik war lange Jahre in separaten klimatisierten Messräumen vorzufinden und recht selten standardisiert mit anderen Maschinen und Software-Produkten der Fabrik vernetzt. Mit Industrie 4.0 ändert sich das. Durch frühzeitiges Messen im Prozess (Inline-Messung) mit Portalmessgeräten und dank der Kommunikation von Messergebnissen oder Korrekturwerten an Werkzeugmaschinen können die Abläufe innerhalb der Fabrik einschließlich Qualitätssicherung optimiert und die Produktivität der Kunden signifikant gesteigert werden. „Derartige Closed-Loop-Vernetzungen lösen wir heute in aller Regel neben Filetransfer über proprietäre Schnittstellen und vielzählige klassische Protokolle der Feld- und Steuerungsebene“, erklärt Tobias Ischen, Product Manager Automation IT bei Carl Zeiss Industrial Quality Solutions. Diese Lösungen enthalten oft nur Informationen über das „Wie“, d.h. über die Technologie, mit der die Datenübertragung zu erfolgen hat. Unklar bleibt jedoch das „Was“, also was die Daten bedeuten: Variablen mit semantischer Beschreibung. Meist ist es auch sehr kostenintensiv, dieses wertvolle Wissen zu erhalten (technisch, dokumentarisch?). „OPC UA wird hinsichtlich der Reduktion des Integrationsaufwandes bei der Vernetzung durch Companion Specifications zumindest für neue Fertigungsstätten der vielversprechendste Lösungsansatz sein. Damit können wir uns künftig stärker auf die Umsetzung von automatisierten Messprozessen und Mehrwert stiftenden messtechnischen Anwendungen fokussieren, weil die Sisyphusarbeit der Schnittstellenprogrammierung einschließlich Pflege größtenteils entfällt.“
METAV-Aussteller Carl Zeiss Industrielle Messtechnik aus Oberkochen versteht sich insbesondere auch als Software- und Lösungsanbieter. OPC UA wird die Vernetzung mit Fremdsoftware und Plattformen (Manufacturing Execution System, MES, oder Cloud) und mit Produkten des Shopfloors wie speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) und Peripheriegeräten, etwa RFID-Systeme, vereinfachen. „Darüber hinaus erleichtert es uns als MESAnbieter, beispielsweise Daten aus dem Maschinenpark des Kunden zur OEEBerechnung einzusammeln“, so Ischen. Damit werden die Produktionsabläufe transparenter und eröffnen dem Kunden zahlreiche Chancen, den Fertigungsprozess hinsichtlich Produktivität, Qualität und Rentabilität zu verbessern. Zudem erhält mit OPC UA die IT-Security Einzug im Shopfloor.
Mit Standards den Aufwand verringern
Der offene Schnittstellenstandard OPC UA stellt im Kontext von Industrie 4.0 eine Schlüsseltechnologie für den herstellerunabhängigen Austausch von Daten dar. Durch die Spezifikation der technischen Datenübertragung und die Beschreibung der Datensemantik in „Informationsmodellen“ fördert es die Interoperabilität und bildet folglich die Grundlage für die technische Kommunikation gemäß Industrie 4.0-Referenzarchitekturen und Umsetzungsempfehlungen. „Auf Basis der OPC UA-Spezifikation entstehen derzeit eine Vielzahl an domänenspezifischen Informationsmodellen, so genannten OPC UA Companion Specifications“, so Dr. Armin Lechler, stellvertretender Institutsleiter des ISW an der Universität Stuttgart. „Diese beschreiben die benötigten Informationen innerhalb einer Domäne, beispielsweise der Längenmesstechnik.“ Das bringt Vorteile sowohl für die Anbieter als auch die Anwender. „Wie bei vielen Themen steht bei der Vereinheitlichung von Kommunikationsschnittstellen die Reduzierung von Kosten im Vordergrund. Auch in der Längenmesstechnik wird wegen proprietärer Lösungen viel Engineerings- und Anpassungsaufwand geleistet“, weiß Lechler. Eine vereinheitlichte Schnittstelle erlaubt eine schnellere Realisierung kundenindividueller Projekte. Die Anbindung an andere Maschinen oder übergeordnete Steuerungs- und Planungssysteme würde sich deutlich vereinfachen. „Hinzu kommt, dass eine Schnittstelle kein Alleinstellungsmerkmal darstellt. Die Daten liegen heute bei allen Herstellern schon in der ein oder anderen Form vor – nur eben nicht einheitlich“, bringt Lechler die aktuelle Lage auf den Punkt. „Aufgrund der zahlreichen Aktivitäten zu Companion-Standards und der zunehmenden Verbreitung von OPC UA im Allgemeinen sehe ich die Entwicklungen für die Zukunft positiv. Viele Projekte scheitern aktuell noch an der industriellen Umsetzung, da proprietäre Schnittstellen oft nicht wirtschaftlich nutzbar sind.“
Mit OPC UA zu weniger Ausschuss
„OPC UA bietet die Möglichkeit, unser Wissen aus dem Messablauf mit anderen Prozessbeteiligten zu teilen. Das verkürzt im Closed Loop Reaktionszeiten bei Abweichungen und spart unseren Kunden viel Zeit und Geld“, erklärt Prof. Heiko Wenzel, CDO der Wenzel Group, Wiesthal. „Unsere Koordinatenmessmaschinen kommen neben ihrer Anwendung im Messraum zunehmend fertigungsnah zum Einsatz. Dabei prüfen wir nicht nur die Teile selbst, sondern erhalten klare Einblicke in Fertigungsbedingungen, wie Vibration, Temperatur etc., die unsere Messergebnisse beeinflussen. Das Sammeln dieser Daten und die Analyse erfolgt bisher proprietär und kann daher erst einmal nur im eigenen Umfeld ausgewertet werden. Hier bietet OPC UA hervorragende Chancen, das Wissen mit und von anderen Maschinen zu teilen, um damit deutlich schnellere präzisere Rückmeldungen zu geben.“ Kunden profitieren davon, dass die Analyseergebnisse – für weniger Fehlteile – direkt in eine übergreifende Überwachung und Steuerung der Produktion einfließen können.
Zum 40-jährigen Jubiläum der METAV ist auch Wenzel wieder als Aussteller mit von der Partie. In der Quality Area werden neueste Entwicklungen bei der Koordinatenmesstechnik und Computertomographie sowie beim optischen High Speed Scanning gezeigt. Schwerpunkt ist die Integration in flexible Fertigungsprozesse und die Sicherstellung der Produktionsqualität durch zeitnahe Prozessüberwachung. „Geschwindigkeit bei der Standardisierung ist aktuell wichtiger als Perfektion, sonst werden die Standards in anderen Branchen und Regionen gemacht, und wir müssen denen folgen“, so Wenzel. „Wir sehen schon, dass sich hier beispielsweise IT-Unternehmen oder Automatisierer – mit anderen Schwerpunkten und Erwartungen – positionieren wollen. Daher ist es wichtig, dass wir nicht so sehr auf Einzelinteressen achten, sondern rasch gemeinsame, wenn auch kleine Nenner finden.“
Erstellt von: daxTR.de
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Für effizientere Produktion über den Tellerrand schauen – WGP übergibt Otto Kienzle-Gedenkmünze an Dr. Ivan Iovkov
Der Nachwuchsforscher Dr. Ivan Iovkov hat gestern die renommierte Otto-Kienzle-Gedenkmünze der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik entgegengenommen. Im Rahmen des Jahreskongresses überreichte das WGP-Präsidiumsmitglied, Prof. Peter Nyhuis, dem Ausnahmewissenschaftler die Auszeichnung: „Mit seinem wissenschaftlichen Scharfsinn und seinem interdisziplinären Denken hat Dr. Iovkov nicht nur in seiner Dissertation neue Wege für die zerspanende Produktion aufgezeigt. Er hat schon während seines Studiums innovative Methoden für eine effizientere Produktion entwickelt, die bereits international Gehör und Eingang in die Industrie fanden.“
Eine effizientere und umweltfreundlichere Produktion ist das übergeordnete Ziel Iovkovs: „Grundlagenforschung betreibe ich nur selten zum Selbstzweck. Wichtig sind für mich immer ein praktischer Ansatz, der uns weiter bringt hin zur Produktion von morgen – und der Blick über den Tellerrand des Zerspaners.“
So hat sich der heute 34-Jährige während seines Studiums am Institut für Spanende Fertigung (ISF) der TU Dortmund ungewöhnlich früh erfinderisch gezeigt. Kaum dass er zur studentischen Hilfskraft eingestellt worden war, entwickelte er gemeinsam mit seinem HiWi-Vater Dr. Michael Kersting in den Jahren 2006 bis 2009 einen magnetorheologischen Torsionsschwingungsdämpfer. Hinter dem sperrigen Begriff versteckt sich eine mit Magnetspulen ausgestattete Kupplung, in der sich Öl mit magnetischen Partikeln befindet. Durch Veränderungen des Magnetfeldes lässt sich die Konsistenz der Flüssigkeit verändern und damit Schwingungen, die gerade in langen Werkzeugen beim Tiefbohren entstehen, verringern bzw. vollständig vermeiden. Dieses Projekt war der Anfang einer Reihe von Innovationen, die Iovkov entwickelte bzw. begleitete.
Perfekte Bohrachsen trotz reduziertem KSS
Seine Promotion widmete er dem Kühlschmierstoff (KSS) in der Zerspanung, oder besser gesagt neuen Methoden, um den Verbrauch deutlich zu reduzieren. „Ich möchte die Trockenbearbeitung bzw. die Minimalmengenschmierung voranbringen, weil sie großes Potenzial zur Reduzierung der hohen Umweltbelastung durch den KSS haben“, betont Iovkov.
Beim Tiefbohren mit sehr langen Werkzeugen ohne oder mit wenig KSS wird vermehrt Wärme ins Bauteil eingebracht, so dass sich dieses verzieht. Infolge der Werkstückdeformationen weicht beim Tiefbohren die resultierende Bohrachse in aller Regel von der idealen Bohrachse ab. Der Wahl-Dortmunder entwickelte nicht nur eine Methode, die Ausmaße dieser Ungenauigkeiten mittels Simulation vorherzusagen. Er fand auch einen Weg, die Abweichungen von der idealen Achse, den sogenannten Mittenverlauf, zu kompensieren und trotz der unvermeidlich auftretenden Bauteilverzüge die gewünschte Bohrachse exakt einzuhalten. „Das erhöht Bauteilqualität und Sicherheit bei gleichzeitig hohen Energie- und Kosteneinsparungen, weil der KSS-Einsatz massiv reduziert werden kann. So tragen wir unseren Teil zu einer umweltgerechteren Produktion bei.“ Iovkov gewann mit seiner Dissertation nicht nur den Jahrgangsbestenpreis, sondern im Anschluss auch ein DFG-Erkenntnistransfer-Projekt. Das sorgte dafür, dass seine Methode heute nicht nur von der am Forschungsprojekt beteiligten Daimler AG angewendet wird, sondern in die breitere Anwendung getragen wurde.
Interdisziplinär und praktisch denken
Seine Eigeninitiative brachte dem Zerspaner schnell die Leitung der Abteilung Zerspanung am ISF ein, mit heute 15 Mitarbeitern, die durch ihre Findigkeit und ihrem Engagement alle gemeinsam erfolgreich Drittmittelprojekte einwerben und bearbeiten, betont Iovkov. „Der Erfolg hängt aber auch stark mit der Persönlichkeit von Ivan Iovkov zusammen“, meint Prof. Dirk Biermann, Leiter des ISF an der TU Dortmund. „Er zeigt außergewöhnliches Engagement für seine Mitarbeiter und ist zu jedem Zeitpunkt hilfsbereit. Offene und faire Kommunikation ist für ihn von großer Bedeutung. Das schätzen seine Mitarbeiter sehr und motiviert sie.“ Seine Bürotür lässt der Abteilungsleiter stets offen, selbst wenn es mal stressig wird. Das ist für ihn das Symbol für sein offenes Ohr. Und dieses Symbol wurde in der gesamten Abteilung Zerspanung übernommen. „Alle unterstützen sich gegenseitig, wo immer es geht“, freut sich Iovkov. „Wir sind wie eine zweite Familie und unternehmen auch privat vieles gemeinsam.“
Blick über den Tellerrand
Neben seinem Faible fürs Technische zeichnet sich Iovkov durch didaktisches Talent aus. Dass auch seine Form der Wissensvermittlung motiviert, bescheinigen ihm die Bestnoten der Studierenden. Und dafür geht er auch in der Lehre gerne neue Wege, wie etwa beim sogenannten Fachlabor, einer Einführung in die Analyse von Produktionsprozessen am Beispiel der Drehbearbeitung. Auch hier blickt Iovkov über den eigenen Tellerrand: „Es war mir ein Anliegen, die Studierenden, in diesem Fall die angehenden Wirtschaftsingenieure, abzuholen. Deswegen wollte ich weg von dem klassischen Lernen-Abfragen-Konzept und habe Vierer-Gruppen gebildet, die sich in die Rolle einer Unternehmensberatung versetzen und uns als produzierendes Unternehmen bei einer konkreten Problemstellung unterstützen sollten. Durch diese proaktive Herangehensweise haben wir die Lernziele sehr viel leichter erreicht. Letztendlich habe ich der Veranstaltung nur eine andere Verpackung gegeben, aber das hat die Wahrnehmung bei den jungen Leuten deutlich verändert.“
Die Grenzen der Zerspanung überwand der Nachwuchswissenschaftler auch, als er gemeinsam mit Studierenden einen Prüfstand zur Materialprüfung bei hohen Dehnraten entwickelte. „Seither können wir solche Messungen im eigenen Haus durchführen und damit unsere Simulationen mit verlässlichen Daten füttern“, berichtet Iovkov nicht ganz ohne Stolz. Das „über Grenzen hinweg Denken“ mag auch an der Lebensgeschichte des Nachwuchstalentes liegen. Mit 18 Jahren kam der in Sofia in Bulgarien geborene junge Mann aus Eigeninitiative nach Deutschland, um hier Maschinenbau zu studieren. Sein Vater – selbst Maschinenbauer – hatte ihm geraten, nach Deutschland zu gehen, wenn er das Handwerk richtig lernen wolle. Den Rat hat Ivan Iovkov optimal umgesetzt.
Weitere Informationen:
Text und Bilder sowie zum Download finden Sie im Internet unter https://wgp.de/de/presse/
Informationen zum Jahreskongress: https://wgp.de/de/aktivitaeten/wgp-jahreskongress/